Die letzten spektakulären Altmeister-Ausstellungen des Hauses – Rubens 2017/’18, Caravaggio & Bernini 2019/’20 – entsprangen einem Klima wirtschaftlicher Prosperität und stabiler Führung. Die Doch-nicht-Bestellung des Uffizien-Direktors Eike Schmidt führte 2017 –’19 zu einer Phase der Unsicherheit, in der die Nicht-mehr-und-dann-doch-wieder-Direktorin Sabine Haag programmatische Weichenstellungen nicht vornehmen konnte oder wollte.
Auf die Pandemie war das Museum damit schlechter eingestellt als andere Häuser. Dass das KHM 2020 neben der Schau „Coronas Ahnen“ in der Wagenburg Schönbrunn die Ausstellung „Beethoven bewegt“ im Haupthaus hervorzaubern konnte, war ein Zeichen der Resilienz: Aus einem von Schmidt hingeworfenen Ideenbrocken zum Beethoven-Jahr zimmerten der Kurator Jasper Sharp, dem stellvertretenden Theatermuseums-Chef Andreas Kugler und Kunstvermittler Andreas Zimmermann ein interdisziplinäres Erlebnis, das heute noch viele Besucherinnen schwärmen lässt.
Doch alle drei Verantwortlichen haben den KHM-Verbund mittlerweile verlassen. Die strukturelle Blöße, die sie hinterlassen, ist nicht mehr zu übertünchen: Der bestens vernetzte Brite Sharp hatte zehn Jahre lang quasi im Alleingang die größten Namen der Kunstwelt (Mark Rothko und Lucian Freud als Ausstellungsmagneten, Ed Ruscha und Wes Anderson als Kuratoren, dazu zahllose prominente Gäste bei Veranstaltungen) ans KHM geholt.
Und das, ohne dass das Museum abseits seiner Person eine Struktur für die Anknüpfung an die Gegenwart aufgebaut hätte. Die Interdisziplinarität – zwischen Sammlungsbereichen, Epochen, Erzählungen – blieb Zufall, kein Programm.
Die zuletzt von der emeritierten Gemäldegalerie-Chefin Sylvia Ferino verantwortete Altmeister-Ausstellung, die das Thema „Tizians Frauenbild“ lehrbuchmäßig abhandelte, signalisierte, dass das KHM derzeit eher nicht daran denkt, an hoch aktuellen Diskursen über die Neubewertung historischer Macht- und Rollenverhältnisse zu partizipieren.
Im Weltmuseum treibt Neo-Chef Jonathan Fine die Aufarbeitung kolonialer Vergangenheit voran, im Programm muss er aber erst seine Handschrift hinterlassen.
Im Theatermuseum fand Neo-Chefin Marie-Theres Arnbom nach ihrer Bestellung erst einmal ein Programmvakuum vor.
Die nächste große KHM-Schau ab Ende März, „Iron Men“, zeigt nun historische Rüstungen. Eine programmatische Ansage ist das hoffentlich nicht: Das KHM, dieser wundervolle Ort, sollte wieder wagemutiger und sichtbarer werden.
Sich in einem Harnisch einzuigeln, wäre nach dem gefühlt schon zu lange dauernden Rückzug das falsche Signal.
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