„Kunst und Krempel“ als „Anker in die Vergangenheit“
17 Jahre nach der bisher letzten Sendung kehrt die „Urmutter“ der deutschsprachigen Antiquitätensendungen in den ORF zurück: Bis inklusive Freitag ist „Kunst und Krempel“ mit speziellen Österreich-Ausgaben um 17.30 Uhr in ORF2 zu sehen.
Im Augustiner-Chorherrenstift Herzogenburg (NÖ) klären namhafte Fachleute aus Museen und Kunsthandel – darunter die österreichische Expertenriege mit Katharina Marchgraber und Herbert Giese – über eingereichte Objekte auf. Gleich in der ersten Ausgabe sorgt eine kleine Figur für große Augen. In Folge 2 nutzen dann die Chorherren mit Propst Petrus Stockinger die Gelegenheit.
„Das war schön, weil sie bei dem Bild („Mann im Spiegel“, Anm.) den christlichen Zugang eingebracht haben, während ich den antiken Aspekt betont habe. Es hat mich gefreut, dass ich hinsichtlich der Herkunft des Bildes doch aufklären konnte“, erzählt Giese.
Der Wiener Galerist und Kunst-Sachverständige – er schätzte etwa die Sammlung Leopold vor dem Erwerb durch die Republik – ist seit 1990 bei „Kunst und Krempel“. Als Experte für mitteleuropäische Malerei des 19. und 20. Jahrhunderts blieb er auch, als der ORF ausstieg. „Wissen Sie, die Deutschen lieben den österreichischen Akzent – ich war so ein Beuteösterreicher.“
Das Geheimnis der Sendung, die es seit über 35 Jahren gibt, ist für Giese „die Zeit, die wir uns für die Gäste und Objekte nehmen. So ein Gespräch kann fünf, sechs Minuten dauern. Das ist in dieser Medienlandschaft ein Rarissimo.“ Fürs Publikum sei „Kunst und Krempel“ „ein Anker in die Vergangenheit.“ In der schnelllebigen Zeit von heute treffe es hier auf etwas, was Bestand hat. „Und natürlich will man auch wissen, was ein Objekt wert ist.“
Wobei, so meint Design-Expertin Katharina Marchgraber, viele gar nicht davon ausgehen, das sie einen großen Schatz besitzen würden. „Oft treibt die Leute die reine Neugierde an, man will mehr über das Objekt und die Zeit, aus der es stammt, erfahren.“
Historischer Wert
Marchgraber, die in der Wiener Porzellangasse die „Catrinette“ betreibt und da auf Einrichtungsgegenstände der 1950er und 60er fokussiert, war auch schon bei „Bares für Rares“. Dort werden Objekte (meist) auch gleich an Händler verkauft.
Das ist bei „Kunst und Krempel“ nicht der Fall – und „das macht schon einen Unterschied“, findet Marchgraber. „Es ist auch für mich total spannend, hier mit einem wissenschaftlichen Zugang auf die Dinge zuzugehen und mit einem weiteren Kunsthistoriker einfach über den historischen Wert eines Objekts zu sprechen, ohne dass maßgeblich der finanzielle Aspekt im Vordergrund steht.“
In der Realität bestimmt nicht selten der Preis den Wert der Dinge. Was zur Frage führt, ob man sich, etwa im Bereich Design, Geschmack kaufen kann. „Man kann natürlich den sicheren Weg über Design-Klassiker gehen“, so Marchgraber. „Aber spannender finde ich No-Name-Design. Denn da muss man sich auf den eigenen Geschmack verlassen.“ Allerdings ortete sie jedenfalls in Bezug auf das Thema Design in Österreich noch Erklärungs- und Aufholbedarf.
Dass ein TV-Format quasi etwas zur „Volksbildung“ beitragen kann, glaubt Giese schon. „Es ist das ein großes Wort, aber jedenfalls das Türl dorthin kann man aufmachen.“ Auch das für jüngere Menschen zu „älterer Kunst“. „Man muss Geschichten erzählen und darüber, warum was wie ist“, so Giese. Denn „jede gute Kunst war in ihrer Zeit Avantgarde und das ist spannend“.
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