Kunst oder Gold, was ist mehr wert? Eine Klo-Auktion soll es zeigen
Der Juwelenraub im Louvre hat die Frage wieder ins Bewusstsein gebracht: Gold, Edelsteine und andere Materialien können als Rohstoffe viel Geld bringen - und Kriminelle zu einem Museumseinbruch motivieren. Der Wert eines Kulturguts aber lässt sich viel schwerer beziffern - er wird durch Übereinkunft bestimmt und liegt oft weit über Handelswert des Materials.
Der Künstler Maurizio Cattelan weiß das sehr gut. Der für provokante Aktionen bekannte Italiener machte zuletzt mit der Banane Schlagzeilen, die bei einer Auktion im November 2024 den Preis von 6,24 Millionen US-Dollar erzielte. Schätzungen waren zuvor von 1,5 Millionen ausgegangen, der Materialwert der Banane betrug 25 Cent. Der Käufer des Kunstwerks - der chinesische Krypto-Unternehmer Justin Sun - ließ den Inhaber des Obststandes durch den Kauf von 100.000 Bananen ein wenig an der Wertsteigerung teilhaben.
Bei der anstehenden New Yorker Auktionswoche macht Cattelan wieder mit dem - zuletzt von Umsatzeinbußen und radikalem Personalabbau gebeutelten - Auktionshaus Sotheby's gemeinsame Sache. Versteigert wird "America", eine aus massivem Gold geformte Toilette, die Cattelan 2016 ersonnen und zunächst im Guggenheim-Museum installiert hatte. Am 8. November soll sie öffentlichkeitswirksam in einem ebenfalls sehr prominenten Bau in New York installiert werden: Das vom Architekten Marcel Breuer geplante Gebäude an der Madison Avenue, das einst das "Whitney Museum of American Art" beherbergte, öffnete jüngst als Hauptquartier und eine Art Flagship-Store des Auktionsriesen.
Die Versteigerung ist für den 18. November angesetzt. Das Erstgebot wird dann exakt dem Materialwert der Toilette zum offiziellen Goldkurs dieses Tages entsprechen - eine Summe in der Region von 10 Millionen Dollar, wie Sotheby's in einer Aussendung am Freitag bekannt gab.
Hallmanns Gold-Investment
Diese Idee hat Vorläufer: Der Künstler Niclas Castello ließ 2022 einen 168 Kilo schweren Goldwürfel fertigen, der ebenfalls aufforderte, den Material- und den Kunstwert des Objekts gegeneinander abzuwägen. Einer der Investoren, die sich an dem Objekt beteiligten, war der jüngst in die Pleite gerutschte österreichische Unternehmer Klemens Hallmann. Er besitzt ein Drittel des Werks. Laut Stand vom vergangenen Mittwoch ist Hallmanns 59,52-Kilo-Anteil alleine bezogen auf den Goldpreis 7,7 Mio. Dollar wert. Je nach Abwicklung könnte dies Gläubigern des Immobilienunternehmers eine "Superquote" bescheren, hieß es.
Allerdings ist Kunst weniger "liquide" als bloßes Gold - sofern das Werk nicht aus seinem Zusammenhang gerissen und eingeschmolzen wird. Eben das taten vermutlich jene Diebe, die eine frühere Version von Cattelan "America" 2019 aus dem britischen Blenheim Palace, dem Geburtsort Winston Chruchills, entfernten. Die Diebe wurden gefasst, das Werk selbst aber blieb verschollen. "Ich mochte Raubüberfall-Filme immer schon, und jetzt bin ich selbst Teil von einem", sagte Cattelan damals. "Sind die Diebe dieses Werks vielleicht die echten Künstler"?
Der Künstler-Schelm wusste es genau: Die Geschichte zahlte weiter in den Mythos ein, den das Goldene Klo zu diesem Zeitpunkt bereits um sich gesponnen hatte. Noch während seiner ersten Installation in New York standen die Besucher vor der Toilette Schlange; eine Guggenheim-Kuratorin sorgte mit der Idee, die Schüssel dem damaligen und heutigen US-Präsidenten Donald Trump als Leihgabe fürs Weiße Haus anzubieten, für zusätzlichen Zündstoff.
Somit wird das Werk nun bereits als ein "legendäres" Stück angeboten - auch wenn es streng genommen gar kein "Original" ist. Wie auch schon bei der Banane (offizieller Titel: "Comedian") scheint diese Idee aber nebensächlich - und wie bei der Banane vermerkt das Auktionshaus, auch Kryptowährungen zu akzeptieren: Ein nicht ganz unwesentliches Detail angesichts des Umstandes, dass virtuelle Werte hier jene soliden Goldes offenbar überstrahlen.
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