Kulturhauptstädte '12: Maribor und Guimarães
Das Motto 70 Kilometer südlich von Graz ist "Pure Energie!" Nicht nur morgen, Samstag, beim Eröffnungsspektakel in Maribor, sondern das ganze Jahr lang. Ab Sonntag wird eines der wichtigsten slowenischen Opernwerke aufgeführt: "Schwarze Masken" des Schönberg- und Schreker-Schülers Marij Kogoj.
Früher eines der bedeutendsten Zentren der Textilindustrie auf dem Balkan, sucht die idyllische Stadt an der Drau seit den 90er-Jahren eine neue Identität.
Kunst und Kultur soll den Wendepunkt markieren, sollen die Wende bringen in der mit 120.000 Einwohnern zweitgrößten Stadt Sloweniens, die bis 1918 mehrheitlich deutschsprachig war und zur österreichischen "Untersteiermark" gehörte.
Heute gleicht sie einem Vexierspiegel. Ständig kommt Neues zum Vorschein. Neben gläsernen Bürohäusern Verfallenes aus der Habsburgerzeit, außerdem mittelalterliche Bauten, klassizistische Bürgerpaläste und ein Schloss. Aber große Pläne für neue Kulturbauten hat man in Zeiten der leeren Kassen frühzeitig aufgegeben.
"Mit einem neuen Gebäude oder einer markanten Renovierung hätte man den halben Erfolg bereits garantiert. Weil wir das in Maribor nicht haben, ist der Fokus noch mehr auf die Veranstaltungen gerichtet", sagt Programmdirektor Mitja Cander. "Wir haben ein Netz von Mikrogeschichten gewebt, die alle gleich wichtig sind. Unser Hauptziel ist es, der Stadt einen Impuls zu geben, damit sie aus ihrer Lethargie aufwacht und eine neue Identität findet."
Höhepunkte
"Maribor 2012" wird zur Bühne für Klassik-, Jazz- und Pop-Konzerte, für Literatur, Film, Theater und Kleinkunst. Die Tate Gallery kommt im September mit Zeichnungen aus London, Rebecca Horn stellt aus, und dem slowenischen Komponisten Hugo Wolf sind Liederabende und Konzerte gewidmet.
Erwartet werden u. a. der belgische Regisseur Jan Fabre und sein slowenischer Kollege Tomaz Pandur, US-Sängerin Laurie Anderson, der peruanische Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa und der bosnische Musiker Goran Bregovic.
Das 1910 gegründete Puppentheater ist jetzt schon ein Publikumsmagnet und spielt heuer nicht nur in einem ehemaligen Kloster im ältesten Teil der Stadt, sondern auch auf Plätzen und in Kaufhäusern, um die Puppen noch näher zu den Kindern zu bringen und kleine Geschichten zu einem Ereignis zu machen.
Cander glaubt, "die Menschen wünschen sich positive Geschichten. Vor allem in dieser Stadt, wo der Fatalismus stark ausgeprägt ist. Wir alle brauchen einen Wendepunkt, nicht nur im finanziellen Sinn, sondern auch auf der geistigen Ebene."
Portugal
In Guimarães, dem 50.000-Seelen-Städtchen in der Nähe von Porto, steht "Aqui nasceu Portugal" in weißen Lettern auf der Stadtmauer: "Hier wurde Portugal geboren." Die sorgsam gepflegte Altstadt ist seit 2001 Weltkulturerbe der UNESCO. Bis zu 1,5 Millionen Besucher erwartet man sich durch ein Programm, das allein schon mit Name-Dropping vom englischen Regisseur Peter Brook, dem portugiesischen Filmemacher Manoel de Oliveira und – auch hier – Mario Vargas Llosa beeindruckt.
Im Fokus: Maribor, morgen Marseille
400 Projekte: Neben Maribor gibt es in fünf Partnerstädten in Ostslowenien – Murska Sobota, Novo Mesto, Ptuj, Slovenj Gradec und Velenje – Lesungen und Ausstellungen, Schauspiel und Tanz, Musik und bildende Kunst.
2013: Im nächsten Jahr werden das französische Marseille und Košice in der Slowakei die Kulturhauptstädte Europas sein.
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