Malerei auf Umwegen: Joe Bradley und Adolf Frohner in Krems

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Ausstellungen eines gefeierten New Yorkers und eines bekannten Österrreichers geben Anlass, den Puls der Kunstform zu fühlen.

Es fällt schwer, die Hypothese höflich zu formulieren, aber: In Österreich hinkt das Bewusstsein des Publikums für die Kunstform Malerei den aktuellen Entwicklungen in diesem Feld weit hinterher.

Wieder einmal, möchte man sagen: Denn Österreich tat sich schon in der Nachkriegszeit schwer, abstrakte Malerei als Kunst zu akzeptieren, bis man Größen wie Rainer, Mikl, Prachensky oder Hollegha irgendwann doch zu lieben lernte.

Der Anspruch dieser Künstler, etwas Neues, Revolutionäres aus sich selbst zu erschaffen, übertrug sich auf spätere „Malerfürsten“, die ab den 80er-Jahren Erfolge feierten. Dass Malerei da anderswo längst schon viel selbstkritischer und selbstironischer geworden war, pflegte man gern zu übersehen (auch wenn Arnulf Rainer streng genommen stets „Malerei über Malerei“ schuf). Dass zeitgenössische Malerei weniger aus genialen Gesten, sondern eher aus Zitaten und Anspielungen besteht, muss man immer wieder erklären.

Wir mögen’s fürstlich

Dass prominente Museumsdirektoren und Galeristen in gefühlt hunderten Ausstellungen die Vorstellung zementierten, Georg Baselitz (und nicht etwa Gerhard Richter) sei der größte lebende Maler der Gegenwart, half der Bewusstseinsbildung auch nicht unbedingt weiter. Talente, die derweil an der Wiener Akademie bei Daniel Richter oder Ashley Hans Scheirl gegenwärtige Malerei studierten, mussten erst im Ausland erfolgreich sein, bis ihnen in Österreich die Gnade der Aufmerksamkeit zuteilwurde.

Wenn jetzt also die Kunsthalle Krems, seit einiger Zeit ein Pionierposten des Malerischen, eine Werkschau des US-Künstlers Joe Bradley ausrichtet, wird ihr das von manchen als Opportunismus ausgelegt. Weil: Eine internationale Galerie regiert da ins regionale Programm hinein!

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Joe wer?

Der Künstler, dessen Arbeit bis 6. April in Krems gezeigt wird, ist übrigens bei der Galerie von Eva Presenhuber unter Vertrag – einer Wienerin, die von Zürich aus Weltkarriere machte. Sie betreut außerdem Tobias Pils, dessen Personale gerade im mumok läuft, auch er ist im Ausland bekannter als in Österreich.

Joe Bradley, 1975 geboren und an der Rhode Island School of Design ausgebildet, ist wiederum ein Geschöpf der Kunstwelt New Yorks, seit einem Vierteljahrhundert stellt er dort in namhaften Galerien aus. Wie die Kremser Schau zeigt, agiert er als Stil-Chamäleon. Eine monochrome Tafel ohne erkennbaren Pinselstrich eröffnet die Schau, sie kontrastiert mit Leinwänden voller Farbspritzer und Turnschuh-Spuren, die oft zu Großformaten zusammengenäht sind.

Immer wieder balanciert Bradley zwischen dem Bild, das eher als Objekt zu betrachten ist, und dem Bild, das als Darstellung zu begreifen ist: Versatzstücke von Comics gehören ebenso zu seinem Repertoire wie Stofffetzen und Farbbatzen.

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Die Warum-ist-das-Kunst-das-kann-ich-auch-Fraktion wird ratlos sein, doch im Malerei-Universum tun sich viele Anknüpfungspunkte auf, von Frank Stella bis zu Picasso oder Jean Dubuffet. Er selbst begreife seine Kunst als Zwiegespräch, erklärte Bradley im Rundgang mit Medienvertretern – die erdrückende Last, auf das Werk der Altvorderen etwas draufsetzen zu müssen, empfinde er nicht.

Koketterie mit Kennern

Die Frage bleibt, ob Bradley es schafft, das Spielerische in seiner Malerei aufrechtzuerhalten, oder ob er sich darin erschöpft, mit dem Auskennertum seines Publikums zu kokettieren. In Krems fällt die Bilanz gemischt aus: Während geometrische Großformate den Charme von „Malen nach Zahlen“ versprühen und absichtlich „schlechte“ Bilder allzu augenzwinkernd daherkommen, begegnet anderswo ein Künstler, der glaubhaft um starke Bilder ringt.

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Wie sehr Bradleys Malerei mit dem in Österreich tradierten Künstlerbild kontrastiert, streicht die Schau „Frohner expressiv“ im nahen Forum Frohner hervor: Dort hängen Bilder, die der namensgebende Maler in den 1990ern schuf – mit sich und der Kraft seines Pinsels im Zentrum.

Stark sind diese Bilder zweifellos auch, doch sie wirken in ihrer Zeit eingefroren, Kataloge längst vergangener Ausstellungen liegen dazu auf den Bänken. Man fragt sich, ob eine Galerie Frohner heute am internationalen Markt platzieren könnte. Mit der Malerin Martha Jungwirth ist dieses Kunststück zuletzt allerdings gelungen.

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