Klassik: "Ein Paradigmenwechsel auf allen Ebenen"
Klassik, eine Liebe, die seit ewigen Zeiten existiert?
Seit meinem 6. Lebensjahr als Herbert von Karajan bei uns zuhause Weihnachten gefeiert hat und als enger Freund der Familie mir dann auch ein wenig als Mentor gedient hat. Auch meine Mutter war immer sehr, sehr eng mit der klassischen Musik verbunden. Als Zehnjähriger schon ging es in die Oper und vor dem 2. Akt dann auch wieder hinaus wegen ungebührlichen Benehmens.
Sie sind sehr früh in das Klassik-Geschäft eingestiegen
Ich bin über Karajan zu Leo Kirch gekommen, die kannten einander seit dem Jahr 1968. Die beiden hatten gemeinsam eine Firma und sich darüber auch gestritten. Ich bin nach meiner Promotion zu Kirch und habe dann zunächst zwischen den beiden Herren vermitteln dürfen. Danach gab es dann fünf, sechs Jahre als Geschäftsführer und auch als Mitgesellschafter der Unitel. Wir haben viele Produktionen mit Karajan gemacht, aber auch mit anderen Größen dieser Zeit wie Rubinstein, Bernstein usw. Ich bin im November 1976 weggegangen und habe mich gleich am nächsten Tag mit der Clasart selbständig gemacht. Da endete dann auch das Verhältnis zwischen Karajan und Kirch - Karajan hat ja dann auf seine Kosten Werke nochmals eingespielt.
Was hat sich in diesem Klassik-Geschäft verändert?
Es gab einen Paradigmenwechsel auf allen Ebenen. Am Beispiel Technik: In den Anfangsjahren hat man Playback-Opernaufnahmen gemacht. Zuerst kam der Ton, dann das Bild. Bei Karajan wurde das selbst bei synphonischen Aufnahmen so gemacht, weil es ihm um Perfektion im Ton ging. Besonders die Beethoven-Aufnahmen aus dieser Zeit sind berühmt dafür. Auch wurde das damals mit 35mm-Kameras gefilmt, die auch Geräusche erzeugt haben, was anfänglich nicht erlaubt hat, klassische Musik direkt aufzunehmen. Später kamen dann immer mehr Live-Übertragungen bzw. Aufzeichnungen. Vladimir Horowitz und Zubin Mehta aus New York, das war überhaupt die erste Live-Übertragung über den Atlantik - BBC, ZDF und ORF haben das ebenso übernommen wie auch die RAI und das französische Fernsehen. Und weil der gute Horowitz gern am Nachmittag gespielt hat, kam das dann um 22 Uhr an einem Sonntag, dem 24. September 1978. Damals eine Satelliten-Leitung über eine Stunde und in Stereo zum Stehen zu bringen, war schon eine Großtat.
Und heute?
Heute ist alles digital. Die großen Opernhäuser und Konzerthäuser sind entsprechend verkabelt und jederzeit einsatzbereit, das Gebotene auch zu übertragen, etwa ins Internet, ob nun gratis oder gegen Gebühr.
Eine besondere Sache sind natürlich die Live-Übertragungen aus der New Yorker Met in die Cineplexx-Kinos und gegen Bezahlung. Ich hätte mir nie gedacht, dass das so gut funktionieren würde. Wir sind da gerade in der zehnten Saison und haben eben die 100. Oper mit "Tristan" zum Besten gegeben - das war die Eröffnungsproduktion dieser Saison. Das wird es auch weiterhin geben. Österreich liegt da in Relation Besucher zu Einwohnerzahl an der Spitze. Da gehen in Wien, wie ich so sage, manchmal mehr Leute am Samstag in die Kinos zu einer Met-Oper als in das Haus am Ring.
Und wie war die Entwicklung bei den Künstlern?
Bei den Künstlern hat sich auch ganz viel verändert. Ein Horowitz hat noch pro Minute 10.000 Dollar verlangt. Heute sind sehr viele große Künstler froh, wenn die Kamera überhaupt auf sie gehalten wird. Wenn heute jemand einen Opernabend aus der Wiener Staatsoper im Netz sieht, dann bekommen die Künstler dafür kaum eine Zusatzgage.
Womit wir beim Klassik-Standort Wien sind. Sie sind beim Musikverein ebenso engagiert bei Cleveland oder der Met. Ist Wien noch so etwas wie die Welthauptstadt der Musik?
Es singt und schwingt schon noch mit den Operhäusern und den zwei fantastischen Konzertsäalen und großartigen Orchestern. Auch München hat zwei Opern, aber keinen Konzertsaal und drei Orchester. Wien gehört aber sicherlich zu den Top-Drei-Städte der Welt und in manchen Dingen ist es einfach herausragend, wenn man an den Luxus, einen Musikverein und ein Konzerthaus zu haben, an Staats- und Volksoper, denkt. Auch das Theater an der Wien darf man an dieser Stelle nicht vergessen. Wir schwelgen da in einem großen Luxus. Die Aura für Ausländer, hier in Wien Musik zu genießen, ist natürlich sehr viel größer als in Riesenstädten wie New York mit der Met - oder auch in Paris - eine Oper nicht diese zentrale Stätte hat.
Sie übergeben so nach und nach Ihrem Sohn die Geschäfte. Wie werden Sie im Klassik-Bereich verfahren?
Ich übergebe ja nicht das Geschäft, wie gerne geschrieben wird, sondern die Geschäftsleitung. Bei der Klassik werde ich über 2017 hinaus weiter wirken. Das ist ja auch eher ein Hobby, wenn auch mit großem Zeitaufwand verbunden. In den Anfangsjahren war es ja sogar der Mittelpunkt meines Geschäfts. Jetzt machen wir weiterhin drei, vier Opern oder Konzert-Produktionen pro Jahr. Das wird also eher meines bleiben, auch weil es die Verbindungen gibt von mir zu Cleveland oder auch zur Scala mit Alexander Pereira. Dort, wo es interessant ist, werden wir also umtriebig bleiben.
Danke für das Gespräch
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