Kircher: "Die Holding steht nicht zur Diskussion"

Christian Kircher: „Wir brauchen eine Erhöhung der Basisabgeltung. Aber frühestens für 2020/’21“
Christian Kircher, Geschäftsführer der Bundestheater-Holding, über das vergangene Geschäftsjahr und die Zukunft.

Christian Kircher, seit April 2016 Chef der Bundestheater-Holding, präsentierte am Donnerstag den Geschäftsbericht für 2016/’17.

Das Ergebnis fiel einnahmenseitig solide aus, die nahe Zukunft ist gesichert. Die Staatsoper hatte zwar 1,5 Prozent weniger Besucher als in der Saison 2015/’16, also 601.624 statt 610.516, konnte aber die Sitzplatzauslastung (von 97,71 auf 98,11 Prozent) wie auch die Karteneinnahmen (von 34,78 auf 35,38 Millionen Euro) steigern. Daher stieg der Eigendeckungsgrad auf unglaubliche 47,5 Prozent. Weniger rosig lief das letzte Geschäftsjahr für die Volksoper: Die Besucherzahl sank von 315.382 auf 298.714, die Sitzplatzauslastung von 83,24 auf 78,06 Prozent; 700.000 Euro weniger bei den Karteneinnahmen (8,98 Millionen Euro statt 9,68) ließen den Eigendeckungsgrad auf 20 Prozent fallen. Das Burgtheater blieb erfreulich stabil: Es kamen zwar minimal weniger Besucher (389.145 statt 390.950), aber sie zahlten höhere Preise. Die Karteneinnahmen stiegen von 9,11 auf 9,42 Millionen Euro, der Eigendeckungsgrad beträgt nun 25,5 Prozent.

KURIER: Ist der Burgtheaterskandal überwunden?

Christian Kircher: Ja. Der Jahresabschluss ist sehr gut. Das hängt auch damit zusammen, dass infolge des Finanzskandals das sogenannte Stöckl-Gebäude hier im Hanuschhof (Sitz der Holding, Anm.) verkauft wurde. Der Erlös betrug knapp 20 Millionen Euro – und das ist in etwa der Jahresgewinn der Bundestheater mit fast 23 Millionen. Wir haben nun einen Polster. Und es gibt erstmals in der Geschichte eine Dreijahresplanung – bis zum Sommer 2020. Das bedeutet für die Häuser Planungssicherheit. Weil wir eben die Rücklagen sukzessive auflösen können, ist die Finanzierung bis dahin gesichert.

Ohne Subventionserhöhung?

Genau. Aber nur bis dahin. Die Personalkosten steigen – mehr oder weniger analog zu den Erhöhungen bei den Beamtengehältern – jedes Jahr zwischen vier und fünf Millionen Euro. Selber verdienen können wir diese Summen nicht. Unsere Kartenerlöse machen 55 Millionen Euro aus. Wir müssten also die Preise zur Abdeckung der Personalkostensteigerung jedes Jahr um zehn Prozent erhöhen. Das ist undenkbar. Natürlich können wir auf die Kostenbremse steigen. Der Konzern hat viele Mitarbeiter abgebaut, wir sind effizienter geworden. Aber das kann nicht im gleichen Maß fortgesetzt werden. Und mir ist ganz wichtig: Ich will keine weiteren Immobilien verkaufen. Das heißt: Wir brauchen eine Erhöhung der Basisabgeltung. Aber frühestens für 2020/’21.

Martin Kušej, der 2019 auf Burgtheaterdirektorin Karin Bergmann folgt, übernimmt daher ein Haus mit schwarzer Null?

Ja. Auch Bogdan Rošcic wird ein finanziell gut aufgestelltes Haus übernehmen. Er folgt im Sommer 2020 auf Staatsoperndirektor Dominique Meyer.

Ich frage das, weil Matthias Hartmann, der für den Finanzskandal des Burgtheaters mitverantwortlich gemacht wird, meint, einst entgegen der Versprechungen ein verschuldetes Haus übernommen zu haben.

Ich beteilige mich nicht an der Diskussion, ob es schon vor Hartmann eine Schieflage gab oder nicht. Fest steht, dass die Verschuldung des Burgtheaters in der Direktionszeit von Hartmann extrem gestiegen ist und ihren Höhepunkt 2013 erreicht hat. Er hat auf Teufel komm raus produziert. Jetzt sind wir mit den Neuproduktionen wieder auf dem ursprünglichen Niveau.

Zurück zum abgelaufenen Geschäftsjahr

Alle Gesellschaften weisen einen Jahresgewinn aus, wenn man bei einem subventionierten Kulturbetrieb von "Gewinn" sprechen darf. Selbst das Burgtheater steht wieder gut da. Wenn bei einem Unternehmen die Eigenkapitalquote unter acht Prozent liegt, dann läuten die Alarmglocken. Beim Burgtheater liegt sie nun bei über 25 Prozent. Also: Die Kraftanstrengungen waren von Erfolg gekrönt.

Wird nun die Volksoper zum Sorgenkind?

Auf keinen Fall. Auch wenn ich ein Zahlenfreak bin, finde ich diesen Besucher- und Einnahmenrückgang nicht beunruhigend oder besorgniserregend. Mein Herz gehört eben auch der Kultur. Es gab tolle Produktionen, aber "Wie man Karriere macht, ohne sich anzustrengen" ist schwieriger zu verkaufen als "My Fair Lady".

Wie sieht es mit den Sponsoring-Einnahmen aus?

Burgtheater und Volksoper bewegen sich auf höchstem Niveau. Die Einnahmen beliefen sich im letzten Geschäftsjahr auf 870.000 bzw. 670.000 Euro. Die Staatsoper kam auf 3,08 Millionen. Das ist sehr gut, aber es gibt da im internationalen Vergleich wohl noch Potenzial nach oben.

Kürzlich brachte "News" Details aus dem Rohbericht des Rechnungshofs über die Staatsoper. Bedenklich erscheint ihm die Vergabe von Kartenkontingenten. Sehen Sie das auch so?

Ich will den Rohbericht nicht kommentieren – und fand die erste Reaktion der Staatsoper richtig: Ja, es ist nach 40 Jahren seit der letzten Prüfung notwendig, das eigene Handeln zu überdenken. Das passiert soeben. Es ist ein Akt der Fairness, dass zunächst die Staatsoper dazu Stellung beziehen kann.

Aber auch die Holding hat gegenüber dem Rechnungshof Stellung zu nehmen.

Das stimmt. Was ich sagen kann: Die Karten an Kartenbüros wurden nicht grundsätzlich billiger verkauft – teilweise sogar mit einem Aufschlag. Und es ist nicht verwerflich, Kontingente an diverse Kartenbüros abzugeben. Es fehlte nur, so die RH-Kritik, die Entscheidungsgrundlage für die Vergabe. Der Rechnungshof hat keine strafrechtlich relevanten Vergehen festgestellt. Im Endbericht werden Sie kein Pulverfass entdecken, auf das der Deckel draufgehalten wird. Mir ist wichtig, dass die Vergabe transparent und sauber erfolgt – und dass nicht auch nur eine Spur an Zweifeln übrig bleibt. Mit Karten der Bundestheater soll prinzipiell nicht Missbrauch getrieben werden können.

Die Finanzauslastung der Staatsoper sank zwar, so der RH, leicht auf 81 Prozent. Ist das nicht nach wie vor ein herausragender Wert?

Absolut! Er wird auch nicht kritisiert. Ich glaube, der Rechnungshof ist lediglich der Auffassung, dass über die wirtschaftliche Auslastung grundsätzlich zu wenig gesprochen wird. Das kann ich nachvollziehen.

Hatten Sie bereits ein Gespräch mit Gernot Blümel, dem neuen Kulturminister?

Ja, ein sehr ausführliches. Ich berichtete ihm über meine weiteren Projekte zur Modernisierung der Bundestheater-Organisation. Das hat seine uneingeschränkte Zustimmung gefunden. Es gab zudem eine wichtige Klarstellung von ihm: Dass die Holding nicht zur Diskussion steht. Blümel sieht in ihr eine sehr sinnvolle Konstruktion, auch wenn es andere Stimmen geben mag.

Sie waren Geschäftsführer des Wien Museums. Der Umbau ist nach wie vor nur Projekt.

Die Sanierung ist dringend notwendig, weil das Haus in Teilen desolat und die Dauerausstellung in die Jahre gekommen ist. Es tut mir sehr leid, dass es nach wie vor keine Entscheidung gibt. Das Museum und die Sammlung würden den Neubau verdienen.

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