Gespielt wird an drei Stationen in Pausenfoyers, Ausgangspunkt ist die Feststiege. Eine sprechende Ratte (eindringlich Christina Kiesler) seilt sich ab und führt mit Verve durch das Geschehen. Senta, Chefin des Gruselklubs, ist besessen von der Geschichte des „Fliegenden Holländers“. Sie sammelt alles, was mit dieser Figur zu tun hat. Ob sie der frühe Tod ihrer Mutter etwas seltsam hat werden lassen, kann das Publikum selbst entscheiden.
Matrosen–Ballett
Im Mahler-Saal, der zu Dalands Hausboot „Sternschnuppe“ mit Schiffslaternen, Steuerrad und hochaufragenden Papierwellen ausgestattet ist, wird zu Sentas Geburtstagsparty mit Matrosen-Ballett, Torte, einem Ständchen vom Kindergartenfreund Erik geladen.
Dann taucht der verwunschene Holländer mit seinen Zombie-Mannen auf. Senta ist fasziniert und entschlossen, ihn zu erlösen. Anders als bei Wagner opfert Blum niemanden. Erzählt wird eine behagliche Schauergeschichte, die Anleihen an Wagners „Ring“ nimmt. Ein 13-köpfiges Orchester interpretiert die auf ein Minimum reduzierte Originalpartitur. Nicht notwendigerweise ist diese mit Passagen aus Filmen wie „Titanic“ und anderer Musik durchsetzt. Ausgerechnet die Gesangspassagen, wie das verkürzte Duett von Senta und dem Holländer, werden zu wenig erklärt.
Dass man dennoch diesem Ensemble des Opernstudios auch als Erwachsener gerne folgt, liegt an den exzellenten Stimmen. Jenni Hietala betört als Senta mit samtigem Timbre, Simonas Strazdas punktet als famoser Komödiant mit seinem eindrucksvollen Bass. Jusung Gabriel Park intoniert als Holländer kultiviert. Eine veritable Entdeckung ist der Tenor Lukas Schmidt.
Das MusikTheater an der Wien lädt ins Museumsquartier zu Oliver Kussens fulminanter Vertonung von Maurice Sendaks „Wo die wilden Kerle wohnen“ ein. Diese Produktion besticht als eine Art Gesamtkunstwerk. Nikolaus Habjan verwandelt die Welt von Max in eine faszinierende Bilderwelt.
Der verzogene Rahmen, der die Bühne umfasst, signalisiert, dass da etwas nicht in Ordnung ist. Man blickt in ein Kinderzimmer, ein überdimensionaler Schulsessel, ein Bücherregal, ein Zelt, aus dem eine Stoffgans und ein Stoffkrokodil ihre Köpfe recken. Sie sind Handpuppen von Max, der in einem weißen Wolfskostüm steckt. Er ringt mit ihnen, wütet gegen die Mutter (Katrin Wundsam) und tobt durchs Zimmer. Diese will ihn zur Räson bringen und verweigert ihm das Abendessen. Max flieht ins Reich seiner Fantasie, imaginiert Monster, die nur er bezähmen kann. Er lässt sich von den „wilden Kerlen“, zum König wählen, kommt aber zur Erkenntnis, dass er es zu Hause am besten hat.
Aufwühlende Klänge
Habjan stellt die Figuren aus dem Buch mit seinen liebevoll gefertigten Klappmaulpuppen nach. Man will sich an diesen Wesen, die zärtlich mit einem Kugelschaf spielen, nicht sattsehen. Präzise agieren Figuren mit Jasmin Delfs, der ausdrucksstarken Sängerin des Max. Dirigent Stephan Dilijas lässt spüren, wie Knussen mit seinen aufwühlenden Klängen eine aufgebrachte Kinderseele abbildet. Für ein Publikum ab 6 Jahren, das sich echte Musiktheaterkunst zumutet.
Kommentare