"Amerika, du bist großartig!"
Auch wenn sich Kid Rock während des US-Wahlkampfes eifrig für den republikanischen Kandidaten Mitt Romney engagiert hat und im Interview gerne über Politik spricht, auf seinem neuen Album „Rebel Soul“ hat er das weitgehend ausgeklammert. Da beschreibt er in fröhlich bluesigen Rock-Songs, was er an Amerika großartig findet. Hier erzählt er, warum. Und wieso seine Mum Dave Grohl küsst.
KURIER: Sie haben das Album „Rebel Soul“ genannt. Wogegen rebellieren Sie mit dieser Positivität?
Kid Rock: Gegen alles, wovon ich denke, dass es falsch läuft. Gegen Ungerechtigkeiten. Gegen Leute, die einem sagen wollen, man muss so und so sein. Ich will den Leuten sagen, dass es okay ist, Spaß zu haben, die lauteste und wildeste Party zu feiern – solange du dabei nicht zum Arschloch wirst.
Selbst von Ihrer heruntergekommenen Heimatstadt Detroit beschreiben Sie nur das Positive . . .
Weil alles andere schon tausende Mal auf dem Cover von jedem verdammten Magazin war. Aber natürlich ist die Situation dort verheerend: Die Familienstrukturen sind zusammengebrochen, 79 Prozent der Kinder wissen nicht, wer ihre Väter sind. Aber es gibt auch viel Gutes. Die Innenstadt ist sehr schön. Das Haus auf der Rückseite des CD-Covers ist meines. Es steht mitten in Detroit, neben dem Fluss, neben dem Bürgermeister.
Das sieht fast aus wie ein Staatsgebäude.
Wie ein Südstaaten-Farmhaus. Und es sagt aus: Amerika, du bist großartig! Ich habe es gekauft, um der Gemeinschaft etwas zurückzugeben, zahle jetzt dort Steuern. Die Gegend rundherum sieht allerdings aus wie ein Kriegsgebiet, da sind die meisten Häuser leer, Ruinen. Und die Kriminalität ist extrem hoch. Denn die Krise in der Auto-Branche hat Detroit, die „Motor City“, hart getroffen. Wenn es keine Jobs mehr gibt, ziehen die Leute weg. Und die, die bleiben, verkaufen Drogen, um ihre Familien zu ernähren. Deshalb sind die Familienstrukturen zerbrochen – weil all die Väter im Knast sitzen. Ich hab keine Ahnung, wie wir das in den Griff kriegen sollen.
Der einzige etwas düsterere Song ist „The Mirror“. Worum geht es dabei?
Ich habe ein fantastisches Leben. Und wenn es mir mal nicht so gut geht, wenn ich mich manchmal einsam und isoliert fühle, behalte ich das für mich. Denn ich will nicht den Eindruck erwecken, dass das Rock-Star-Leben „ach so schwer“ ist. Dieser Song ist meine Therapie, meine Art, das auszudrücken und zu verarbeiten.
Sie haben mit Sean Penn ein Video gemacht, in dem Sie heftig über Politik diskutieren und sich dann umarmen. Was wollten Sie damit bezwecken?
Viele Leute wissen nicht, wie gut ich mit Sean befreundet bin, weil er ein extremer Linker ist und ich eher dem rechten Lager zugetan bin. Wir haben immer diese großartigen politischen Diskussionen und bleiben trotzdem Freunde. Und weil Amerika im Wahlkampf so gespalten war, dachte ich, lass uns eine unserer Diskussionen auf Video bannen und zeigen, dass man unterschiedlicher Anschauung und trotzdem eng befreundet sein kann. Denn ich finde, unterschiedliche Denkweisen sind gesund, sind das, was Amerika großartig macht.
Was finden Sie heute noch großartig an Amerika?
Dass man auf ein paar Hektar Land sitzen kann und tun und lassen was man will. Nicht so wie in Europa, wo alles zentral gelenkt ist. Ich glaube an weniger Verwaltung. Und ich finde, dass man trotz allem immer noch mit harter Arbeit viel erreichen kann. Ich hoffe, das geht uns nicht verloren. Denn den Kampf zwischen der Mittelklasse und den Reichen, den Obama heraufbeschworen hat, halte ich für ganz schlecht. Ich mache übrigens mit Sean jetzt ein zweites Video. Ich sagte, schnapp dir ein paar von deinen linken Hollywood-Kumpels und lass uns Spaß haben.
Sie haben als Rechter erstaunlich viele gute Freunde im „linken“ Hollywood.
Klar. Dave Grohl von den Foo Fighters zum Beispiel. Den hab ich letztes Wochenende gesehen. Da hat er es mit meiner Mum getrieben.
Wie bitte?
Ich habe ein Foto, wo er meine Mum küsst! Wir hatten so viel Spaß, dass sie sich am Ende abgebusselt haben.
Über 27 Millionen Alben hat Kid Rock, der am 17. Jänner 1971 als Robert James Richie knapp außerhalb von Detroit geboren wurde, in seiner wechselhaften Karriere verkauft. Als Hip-Hop-Fan begann er schon als Teenager in vorwiegend von Farbigen frequentierten Clubs aufzulegen, bekam dort seinen Spitznamen, weil er „the white kid that rocked“ war.
Zehn Jahre lang wartete der Musiker, der Rap mit Blues, Rock und Country mischt, auf den Durchbruch. Den schaffte er 1998 mit dem Album „Devil Without A Cause“ und den Hits „Bawitdaba“ und „Cowboy“. Doch Anfang der 2000er Jahre, als er kurz mit Pamela Anderson verheiratet war, versiegten die Hits. Das Comeback gelang ihm erst 2008 mit dem Super-Hit „All Summer Long“, einem Mash-up aus Warren Zevon's „Werewolves of London“ und „Sweet Home Alabama“ von Lynyrd Skynyrd.
Ausgesorgt
Und weil er damit „auch schon für meine Enkerln“ ausgesorgt hat, engagiert sich Kid Rock jetzt vor allem im von der Wirtschaftskrise schwer getroffenen Detroit. Um dort Jobs zu kreieren, hat er eine Brauerei gebaut, in der er sein „American Bad Ass“ Bier herstellt. Zudem finanziert er mit Einnahmen aus seiner Modelinie „Made In Detroit“ Begabten-Stipendien an der Universität von Michigan und Projekte in einem Kinderhospiz. Darüber spricht er im Interview aber nicht, will das „nicht an die große Glocke hängen“.
Stolz aber spricht er von seinem 19-jährigen Sohn Robert James Richie Jr., von dessen Mutter er sich trennte, lange bevor er berühmt wurde. Oft, sagt er, hatte er als alleinerziehender Vater einen Konflikt zwischen seiner Leibe zu Bier und Partys und der zum Sohn. „Als er jung war, habe ich nie zu Hause Partys gehabt. Ich habe das von ihm ferngehalten. Aber auch nicht versteckt. Ich bin ein rundum ehrlicher Mensch und so habe ich das auch mit meinem Sohn gehalten. Und ich glaube, deshalb habe ich das ganz gut hingekriegt.“
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