KHM-Sammlungen ziehen um

KHM-Sammlungen ziehen um
Österreichs größte Kunstsammlung übersiedelt an die Wiener Peripherie: Ein Besuch im neuen Zentraldepot des KHM in Himberg.

Das antike Fabelwesen scheint beinahe verdutzt in den Raum zu blicken - so, als müsste es sich in seiner neuen Umgebung erst zurechtfinden. Anfang August wurde die Figur zusammen mit den schwersten Skulpturen und Bauelementen aus der Antikensammlung des Kunsthistorischen Museums (KHM) hierher, in das neue Zentraldepot in Himberg, geschafft.
Seitdem kommen jeden Tag mindestens zehn Lkw-Ladungen nach: Die Übersiedlung der KHM-Depots ist die wohl größte logistische Operation in der österreichischen Museumsgeschichte. An ihrem Ende sollen rund 60 Prozent der KHM-Bestände - diese umfassen mit angegliedertem Theater- und Völkerkundemuseum insgesamt rund vier Millionen Einzelobjekte - in dem unscheinbaren Bau an der Wiener Peripherie konzentriert sein.
Der erste Transporter, der am Montagmorgen das Depot erreicht, hat eine Vielzahl von Kunstschätzen geladen: Zwei Holzkisten voll antiker Porträtbüsten sinken mit der Ladebordwand herab, dann ein großformatiges Gemälde, das Christus am Ölberg zeigt.

Beste Bedingungen für die Konservierung

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Rasch bringen die Mitarbeiter der Spedition die Werke ins Innere des Baus - der Aufenthalt im Laderaum soll kurz sein, abrupte Temperaturschwankungen sind Gift für die Kunst-Substanz. Damit das Klima im Inneren konstant bleibt, liegen drei Schleusen zwischen der Anlieferzone und dem Lift, der in die Lagerräume führt.
Eine ehemalige Wildbret-Kühlhalle im 23. Bezirk hatte seit Anfang der 1990er-Jahre als größtes Außenlager für das KHM gedient - "ein Provisorium", wie Geschäftsführer Paul Frey erklärt. Der in acht Monaten errichtete Neubau führe nun nicht nur alle Lagerbestände des Museums zusammen, er biete auch in punkto Konservierung beste Bedingungen - gerade weil er, so Frey, ohne komplexe Technik konzipiert wurde.

Monatelange Vorbereitung

"Die größten Schäden an deponiertem Kulturgut sind weltweit in den letzten Jahren durch den Ausfall moderner Gebäudetechnik oder Klimaanlagen entstanden", erklärt der Geschäftsführer. Das KHM-Depot nutzt statt herkömmlicher Klimatechnik ein Wärmepumpen-System, das Wasser in 120 Metern Tiefe auf 13 Grad Temperatur bringt und dann durch die dicken Betonböden des Depots zirkulieren lässt. Das spare rund 20 Prozent an Betriebskosten, sagt Frey - selbst wenn die Pumpe einmal ausfallen sollte, würde sich das Hausklima nur langsam ändern.

KHM-Sammlungen ziehen um

Die Objekte, die der Lkw angeliefert hat, sind von den Transportfachleuten schnell an ihre Plätze gebracht. Doch der Übersiedlung geht monatelange Vorarbeit voraus: Das Team der Restaurierung musste für jedes Objekt Zustandsprotokolle verfassen und oft "Notsicherungen" anbringen, erklärt Restauratorin Christina Schaaf-Fundneider, die mit ihrer Kollegin Tanja Kimmel den Umzug überwacht.
Aufgeklebte Japanpapier-Flecken künden auf einigen Gemälden von diesen Arbeiten: Sie sollen verhindern, dass beim Transport Farbe abbröselt. Alle Objekte wurden vor ihrer Reise zudem mit Stickstoff begast - denn Schimmelpilz-Sporen, Motten und andere Schädlinge sollen gar nicht erst in den Neubau einziehen. Für viele Werke ist der Umzug somit zwar eine Strapaze, zugleich aber auch eine Frischzellenkur. Die Arbeit an der Erhaltung hört freilich nie auf: Auch wenn das Depot in hundert Jahren einmal alt aussieht, soll die Kunst weiter zeitlos sein.

Info: Depot: Tresor um 13,5 Millionen Euro

Das neue KHM-Depot verfügt über 12.000m² Lagerfläche. Die Kosten für das Projekt betragen 13,5 Mio. Euro, inklusive der Übersiedlungskosten von 1,2 Mio. Euro. Der Bund steuerte Sondermittel von 3,5 Mio. Euro bei.
Im November soll die erste Phase der Übersiedlung abgeschlossen sein, 2012 folgen weitere Bestände, u.a. aus dem Theatermuseum und der KHM-Sekundärgalerie. Das Haus ist für Sammlungszugänge der nächsten 30 Jahre ausgelegt.

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