Kein Ende der Recherchen in Sicht

Wurde 2009 zurückgefordert: „Die Malkunst“ von Jan Vermeer
Der umfangreiche Bestand des KHM wird erst seit April 2009 systematisch durchforstet.

Seit Anfang 1998 ist Provenienzforschung ein zentrales Thema. Damals wurde bekannt, dass der Familie Rothschild, in der NS-Zeit in die USA geflüchtet, nach dem Zweiten Weltkrieg die wertvollsten Kunstwerke abgepresst wurden – im Gegenzug für eine Ausfuhrbewilligung der übrigen Sammlung. Die meisten der Objekte kamen ins Kunsthistorische Museum. Das KHM hatte nun großen Erklärungsnotstand.

Bis zum Juni 1998, in großer Eile, untersuchte Herbert Haupt, der Leiter des Archivs, die Werke der Gemäldegalerie, die während der NS-Zeit (1938 bis 1945) oder in der Nachkriegszeit ins KHM gelangt waren. Etliche Fälle von Raubkunst und genötigten Schenkungen wurden bekannt. Im Herbst jenes Jahres beschloss das Parlament das Kunstrückgabegesetz, die Rothschilds erhielten zunächst 225 und danach noch viele andere Objekte zurück. Und der Rückgabebeirat widmete sich in den darauffolgenden Jahren etlichen weiteren Fällen. Bis dato wurden 787 Kunstgegenstände aus dem KHM den ursprünglichen Eigentümern bzw. ihren Rechtsnachfolgern zurückgegeben.

Haupt, der die erzwungenen Schenkungen verharmlost dargestellt hatte, blieb bis zu seiner Pensionierung im Dezember 2008 Beauftragter für Provenienzforschung. Eine systematische Analyse des Gesamtbestandes nahm er in diesem Jahrzehnt nicht vor.

Erst seit April 2009 überprüfen Susanne Hehenberger und Monika Löscher im Auftrag der Kommission für Provenienzforschung alle Erwerbungen – und zwar seit 1933 (Machtübergabe in Deutschland an Hitler).

Wie sich nun herausstellte, sind die Arbeiten noch immer nicht abgeschlossen. Das hat einerseits mit der Vielzahl an Objekten zu tun – und andererseits mit aktuellen Fällen. 2009 etwa forderten Erben nach Jaromir Czernin "Die Malkunst" von Jan Vermeer zurück; es folgten umfangreiche Recherchen – und 2011 sprach sich der Rückgabebeirat gegen die Restitution aus.

Eva Blimlinger, Akademie-Rektorin und Leiterin der Kommission, versichert, dass man auf gutem Wege sei: "Für das Ephesos-Museum, Schloss Ambras, die Kunstkammer inklusive der Tapisserien, die geistliche und weltliche Schatzkammer sowie die Antikensammlung wurden vorläufige Gesamtberichte erstellt. Vorläufig deswegen, weil es nie einen abschließenden Bericht geben kann. Die Provenienzrecherche würde wieder aufgenommen, wenn es neue Aktenbestände geben sollte." Diese Berichte werden bis Ende des Jahres veröffentlicht.

Genauer Arbeitsplan

Bis Ende 2016 soll der Gesamtbericht für die Gemäldegalerie vorliegen, bis Ende 2017 der Bericht für die Sammlung alter Musikinstrumente, bis Ende 2018 jener für das Wagen- und Monturdepot mit über 10.000 Objekten. Übrig sind dann noch die Ägyptisch-Orientalische Sammlung (etwa 12.000 Objekte), das Münzkabinett mit mehr als einer Million Gegenständen und die Bibliothek mit 260.000 Bänden: Wie man diese Masse bewältigen soll, steht noch in den Sternen. Ebenfalls erst jetzt wird die Sammlung der Albertina systematisch erforscht.

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