Kein Düsenflugzeug mehr

Schlachthof 5: Der geniale Antikriegsroman von Kurt Vonnegut endlich in Neuübersetzung.

Zwischen "So geht das" und "Wie das so ist" liegen 45 Jahre.

Im Original lautet das stereotype Anhängsel: "And so it goes."

Kurt Vonnegut hat es immer dann verwendet, wenn jemand stirbt. Also ständig. Beispiel: Jemand ist erschossen worden. So geht das.

So GING das: Es war die Erstübersetzung des Münchners Kurt Wagenseil (gestorben 1988). Er wurde – endlich – abgelöst durch den Kölner Gregor Hens. Heutiges Beispiel: Da ist jemand vergiftet worden. Wie das so ist.

Das ist zwar keine großartige Änderung in Vonneguts genialem Antikriegsroman. Aber man sieht schon daraus, was 2 aus 1 englischen Satz machen können. Dass es sich bei sogenannten Übersetzungen um Weiterentwicklungen, Bearbeitungen, um Versionen handelt.

Und freilich hat sich Entscheidenderes im Buch geändert. Denn Wagenseil war ein überproduktiver Übersetzer. Da passieren Schlampereien.

So hat er aus "Blowjob" ein "Düsenflugzeug" gemacht. Gregor Hens hat keine Ahnung, wie es 1970 dazu kommen konnte.

Warum ich?

"Schlachthof 5 oder Der Kinderkreuzzug" schreit jetzt in voller Lautstärke. Vonnegut, selbst während des Feuersturms in Dresden in Kriegsgefangenschaft, hat mit der Figur des Billy Pilgrim das eigene Trauma verarbeitet.

Das ist gar nicht wirr, das ist gar nicht schrill. So hieß es immer und vertrieb Leser. Mit Billy ist man mitten im Krieg und vor allem nach dem Krieg (und bald danach bombt man sich in Vietnam wieder in die Steinzeit zurück).

Ist es verwunderlich, dass sich Billy auf den Planeten Tralfamador flüchtet? Er erzählt sogar im Radio, dass ihn ein Ufo entführt hat.

Von den Aliens habe er gelernt: Alles hat seine Ordnung, jeder muss tun, was er tut. Damit kann Billy leben. Nur damit, dass alles in Ordnung ist, kann er leben.

Warum ich, fragt er er einen Außerirdischen.

"Warum Sie? Warum denn wir?, frage ich Sie. Warum überhaupt irgendetwas?"

Es gibt kein Warum.

Wie das so ist.

Kurt Vonnegut:
Schlachthof 5 oder Der Kinderkreuzzug“
Übersetzt von Gregor Hens.
Hoffmann und Campe Verlag.
240 Seiten. 24,70 Euro.

KURIER-Wertung: *****

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