Kein Champagner für Audrey Hepburn
So nah ist man Audrey Hepburn noch nie gekommen.Sie nimmt sich noch einen zweiten Teller Spaghetti, und jedes Mal sind ihre Freunde (wie Yul Brynner und Ehefrau, wie Roger Moore, Julie Andrews, Valentino) überrascht, wieso sie trotzdem so dünn ist.
Sie trinkt Wein und Whisky (nur Scotch), aber keinen Champagner – da bekommt sie Sodbrennen.
Sie raucht, sie gönnt sich Schokolade und Vanilleeis, und sie hört sehr gern (irgendeinen Fehler muss der Mensch ja haben) Julio Iglesias.
Am liebsten sitzt sie mit ihrem Sohn Luca (aus der Ehe mit dem italienischen Psychiater Andrea Dotti, 2007) vor dem Fernsehapparat, und zum Knabbern hat sie Penne gekocht und mit einem Spritzer Ketchup verrührt.
Mutter wollte sie sein und Hausfrau: Familie betrachtete sie als Errungenschaft. Mit 40 hatte sich Audrey Hepburn weitgehend aus dem Filmgeschäft zurückgezogen, Angebote lehnte sie zumeist gern ab – und zwar so: "Vielen Dank, dass man an mich gedacht hat, jetzt muss ich aber das Abendessen zubereiten ..."
Beschützerin
Was ein bissl geschwindelt war: Giovanna aus Sardinien war über Jahrzehnte hinweg ihre Köchin. Sowohl in Rom als auch am Schweizer Landsitz La Paisible.
Kindermädchen war sie auch, Chauffeuse (Audrey hatte keinen Führerschein) – und Beschützerin: Wenn der um neun Jahre jüngere Ehemann Dotti wieder einmal lumpen war, nahm Giovanna es ihm ebenfalls übel.
Giovanna wäre überhaupt eine eigene (große) Geschichte wert.
Einmal war Audrey Hepburn mit ihr und dem kleinen Luca in Japan, die Japaner verehrten die aus Belgien stammende Schauspielerin ja besonders. Vermutlich, weil sie so zart war.
Luca wurde krank, da wollte Audrey bei ihm im Hotel bleiben, tagelang. Sie schickte Giovanna zu den gesellschaftlichen Verpflichtungen.
Die Japaner haben sich damals gewundert ...
Mozzarella
Man kommt ganz schön ins Tratschen, wenn man von "Zuhause bei Audrey" erzählt, dem Buch von Luca Dotti, der 23 Jahre alt war, als 1993 seine Mutter starb.
Es erscheint am kommenden Dienstag.
Der Sohn öffnet erstmals die Familienalben und präsentiert 250 bisher unbekannte Fotos. Rezepte, die Audrey Hepburn fein säuberlich notiert und aufbewahrt hat, werden besprochen ... immer die Mozzarella vor dem Kauf probehalber drücken! Sie muss Wasser lassen! Der Händler wird entzückt sein!
War Audrey Hepburn spießig?
Die römische Gesellschaft empfand das wohl so. Bei Partys (außer bei Kinderpartys) saß der Star abseits, kraulte seinen Hund, war unauffällig und ließ lieber die Schwiegermama Show machen.
Als in ihrem Garten in der Schweiz eine alte Trauerweide krank wurde und gefällt werden musste, soll sie geweint haben.
Luca Dotti (mit Luigi Spinola): „Zuhause bei Audrey“. Übersetzt von Heinrich Degen. DuMont Verlag. 256 Seiten. 36 Euro.
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