Katastrophen, wie gemacht fürs Fernsehen

Zuerst der Hurrikan, dann die Ölpest
Ein Südstaaten-Roman von Tom Cooper, damit man nicht auf die Menschen im Sumpf vergisst ...

"Jede Ähnlichkeit mit Ereignissen oder Schauplätzen ist rein zufällig", steht am Beginn von "Das zerstörte Leben von Wes Trench".

Wieso? Wird sich Hurrikan Katrina aufregen, wenn die Zerstörungswut nicht in schönen Worten wiedergegeben wurde?

Und British Petrol? BP wird sich doch wohl um anderes kümmern als um falsch gesetzte i-Tüpfelchen.

2010 explodierte im Golf von Mexiko die Ölplattform Deepwater Horizon. Gier hatte teure Sicherheitsvorrichtungen verhindert. (Das zahlte sich aus: Die USA bekamen, um Folgen der Ölpest zu beseitigen, 20,8 Milliarden US-Dollar von BP.)

87 Tage schoss Rohöl ins Meer, insgesamt 800 Millionen Liter waren das. Das Gift hatte es nur 70 Kilometer weit bis zu Amerikas Küste, bis zur Sumpflandschaft am Mississippi – bis zu den Fischern, denen entweder gar nichts mehr ins Netz ging.

Oder es waren einäugige Garnelen.

Im Sumpf und im Dreck von Louisiana liegt der Schauplatz des Romans, der entsetzt zuschaut, wenn das erste Öl geschwommen kommt und Menschen, die dadurch ihre Arbeit verloren haben, jetzt für 15 Dollar pro Stunde ölverschmierte Pelikane waschen.

Vergessen

"Das zerstörte Leben von Wes Trench" ist wie gemacht für Fernsehzuschauer, die Serien mögen.

Autor Tom Cooper aus New Orleans gesteht seine "tiefe Liebe zum Fernsehen" und erzählt häppchenweise in Episoden.

Das könnte man ihm übel nehmen. Allerdings gibt es ja auch gute Serien, und Tom Cooper bemüht sich sehr um seine Hauptdarsteller. Er schreibt nicht "von oben herab" und nicht aus Zorn. Er schreibt in Zuneigung und mit Humor (was in diesem Zusammenhang ziemlich überrascht).

Die Geschichten ergeben ein Ganzes und werden auch dadurch zusammengehalten: Das Öl ist noch im Wasser. Es wird Zeit, die Welt an die zu schnell vergessene Umweltkatastrophe zu erinnern.

Titelheld Wes Trench ist ein junger Shrimpfischer, seine Mutter starb durch Hurrikan Katrina. Er und die anderen "Sumpfratten" haben durch die neue Armut gelernt: Wer meint, dass man mit Geld kein Glück kaufen kann, ist ein Volltrottel.

Auf das Angebot von BP, sich für je 10.000 Dollar das Recht auf Schadenersatz abkaufen zu lassen, sind trotzdem nicht alle Bewohner der Bayous eingestiegen.

Vor Gericht gab es für sie bisher insgesamt 7,8 Milliarden Dollar.

Tom Cooper:
„Das zerstörte Leben des Wes Trench
Übersetzt von Peter Torberg.
Ullstein Verlag.
384 Seiten.
22,70 Euro.

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