Karel Gott: "Es kann nur einen König geben"

Ungetrübter Meister der leichten Unterhaltung: Karel Gott
Karel Gott über seine bewegte Karriere, Taktiken der Plattenfirmen und die Relevanz von Schlager.

1968 vertrat er Österreich beim Song Contest, er spielte Shows in Las Vegas und gestern war er wieder einmal beim "Musikantenstadl". Als die "goldene Stimme aus Prag" hat Karel Gott die Welt gesehen. Keine Selbstverständlichkeit – schon gar nicht für einen Jungen aus der damaligen Tschechoslowakei, der eigentlich Elektriker gelernt hat. Im Juli wurde Gott 75. In seiner neuen Biografie "Zwischen zwei Welten" blickt er erstmals zurück.

KURIER: Ihren ersten Auftritt hatten Sie bereits 1958. Wie hat sich das Musikgeschäft seither verändert?

Karel Gott: Heute herrscht ein Überangebot. Früher haben die Plattenfirmen dafür gesorgt, dass es nur einen Elvis gibt, oder nur einen Sinatra. Einen "König" kann es eben nur ein Mal geben. Das heißt, sie haben tolle Talente, von denen es damals natürlich auch schon viele gab, unter Vertrag genommen, sie dann später aber absichtlich nicht mehr gefördert. Das war wirklich ziemlich brutal.

Schlager ist der letzte Dauerbrenner der Musikindustrie. Wieso funktioniert das noch immer so gut?

Ich glaube, es werden immer weniger Lieder geschrieben, die alle – Jung und Alt – mitsingen können. Früher gab es das noch. Und die Oldies werden ja auch heute noch gesungen. Schlager kann das noch immer. Insofern verstehe ich nicht, wieso Schlager so einen schlechten Ruf hat.

Schlager auch als schöne, heile Welt?

Natürlich, aber das ist doch wundervoll. Ich habe ja mittlerweile Angst, den Fernseher einzuschalten, weil man nur noch negative Nachrichten hört. Schlager ist eine Illusion, aber Unterhaltung ist eben immer eine Illusion.

Haben Sie eigentlich jemals mit Ihrer Rolle als Gute-Laune-Unterhalter gehadert?

Karel Gott: "Es kann nur einen König geben"
karel gott
Ich bin lyrischer Tenor. Und die waren auch schon in der klassischenMusik immer die Liebhaber, die Romantiker, die Liebeserklärer. Das entspricht einfach meiner Lebensphilosophie, meinem Naturell. Und man wird ja nicht engagiert, um sich zu beschweren. Man darf zwar auch als Schlagersänger seine politische Meinung äußern. Aber nicht im Lied. Dafür habe ich ja jetzt auch meinBuch geschrieben.

Abseits der Bühne sind Sie also ein politischer Mensch?

Wenn man ein Land im Ausland repräsentiert, muss man sich bewusst sein, dass das ein Politikum ist. Ein Sänger, der beinahe auf der ganzen Welt auftritt, muss wissen, zu welcher Zeit in welchem Land er welche Lieder singen soll.

Haben Sie sich als Botschafter Ihres Landes auch vom politischen System instrumentalisiert gefühlt?

Ich habe nicht unser System repräsentiert, sondern unsere Kultur. Und da gibt es ja viele Gemeinsamkeiten, besonders zu Österreich. Systeme kommen und gehen, damit habe ich nichts zu tun gehabt. Man muss wissen, was man sagen darf, das ist klar. Nur mitmachen muss man nicht.

Eine Flucht aus der Tschechoslowakei wäre ein Leichtes gewesen. Wieso sind Sie immer wieder zurückgekommen?

Weil Prag meine Heimat ist. Ich habe meine Familie dort, meine Freunde. Und mein Publikum. Wäre ich nicht zum Liebling der Nation geworden, hätte ich auch keine Engagements im Ausland bekommen. Ich verdanke dem Publikum so viel.

Gibt es etwas, das Sie in Ihrer Karriere bereuen?

Da würde ich doch nur leiden. Natürlich gibt es da Tausende Dinge. Aber wenn ich das generell betrachte, dann kann ich nur stolz sagen: So eine Karriere ist wirklich einmalig. Nicht, dass es solche Sänger wie mich nicht mehr geben würde. Aber die Geschichte zu meiner Karriere, die ist wirklich einmalig. Es gibt wenige Sänger, die im Osten und Westen erfolgreich waren. In Österreich war ich alle zwei Jahre auf Tour. Aber nach der Wende kein einziges Mal mehr.

Wieso?

Das frage ich mich selber. Ich glaube, es gab ein natürliches Interesse des Westens am Osten. Es war einfach interessant, was "die da drüben" machen.

Sie sind jetzt 75 Jahre alt. Würden Sie noch einmal auf Tour gehen wollen?

Ja, natürlich. (lacht) Ich habe gerade auf Deutsch ein neues Album gemacht. Und ich würde sagen, dass mein Tenor noch immer hält. Und das ist für mein Alter ja eine echte Rarität.

Person und Politik

Karel Gott: "Es kann nur einen König geben"
Cover
Das Buch75 ist ein Alter, in dem man in Anekdoten auf sein Leben zurückblickt. Karel Gott erzählt in „Zwischen zwei Welten“ (Riva Verlag) von Begegnungen mit Cher, Louis Armstrong oder Frank Sinatra. Das alles vor dem Hintergrund der Ereignisse in seinem Heimatland, die aus ihm mehr gemacht haben als einen einfachen Schlagersänger – ohne dass er etwas dafür gekonnt hätte.

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