Justin Timberlake: Dynamisch zwischen Glamour und Lagerfeuer
Schwarze Bäume mit leichtem Silberglanz hat Justin Timberlake an die Eckpunkte des Laufstegs gesetzt, der das Zentrum der Bühnenaufbauten für seine „Man Of The Woods“-Show ist - die Natur angezuckert mit Hollywood-Glamour!
Es ist wohl das Symbol für das, was er mit dieser Tour verbinden will: Die souligen Pop-Sounds früher Hits mit den zu Südstaaten-Rock, Country und Blues neigenden Liedern seines jüngsten Albums „Man Of The Woods“. Den coolen, den urbanen Chic zelebrierenden, Anzüge tragenden Timberlake von anno dazumal mit dem erdigen, den Wald liebenden Timberlake von 2018, der sich in Jeans und Holzfällerhemden hüllt.
Auch wenn dieser Spagat groß scheint, dass er gelingt, bewies der 37-Jährige Amerikaner Samstag bei seinem Konzert in der Wiener Stadthalle. Denn die Show zwischen den glitzernden Bäumen ist exquisit: Beim Song „Man Of The Woods“ wachsen Gräser aus dem hintersten der drei Podeste entlang des Steges. Am mittleren tanzt Timberlake wie in einer Las-Vegas-Revue mit einem kippbaren Mikrofonständer. In der Mitte und hinten in der Halle senken sich immer wieder kreis- und halbkreisförmige Netzvorhänge von der Decke, auf denen nur zwischendurch Video-Filme zu sehen sind. Zumeist dienen sie dazu, Timberlake auch auf den obersten Rängen gut sichtbar zu machen und mit raffinierten Tricks die Atmosphäre für die Songs zu schaffen, etwa „Cry Me A River“ mit einem Regeneffekt zu illustrieren.
Einmal lodert auf einem der Steg-Podeste sogar ein echtes Lagerfeuer, das von Holzstämmen zum Sitzen umrahmt ist. Leider singt Timberlake dabei in Wien mit der akustischen Gitarre nur „Until The End Of Time“. Coverversionen von Songs von John Denver und „Come Together“ von den Beatles, die er bei der Lagerfeuer-Szene in Deutschland gespielt hatte, lässt er in der Stadthalle wohl wegen der Hitze aus.
Auch wenn die visuelle Gestaltung der „Man Of The Woods“-Show spektakulär ist, ist sie durchwegs „nur“ ein edler Rahmen für die Musik, aber niemals der Fokus. Der ist immer beim Star des Abends. Unermüdlich ist Timberlake auf dem Laufsteg unterwegs, er tanzt in Formation mit sechs Tänzern oder alleine, perfekt in jeder Bewegung bei den Choreografien, oder zwanglos ausgelassen, wenn es mal legerer zugehen darf.
Er spielt Gitarre, Keyboards und bedient einen Sampler, singt sich dazu durch ein Repertoire, das seine ganze Solo-Karriere umspannt. „SexyBack“ ist ein erster Höhepunkt zu Beginn, „Mirrors“, „Drink You Away“ und die kurze akustische Version von „What Goes Around . . . Comes Around“ ein weiterer im Mittelteil. Timberlake wechselt von Soul zu Pop, von Funk zu Country. Und alles fügt sich nahtlos ineinander. Einerseits wegen seiner Qualitäten als Entertainer, andererseits wegen der Qualitäten seiner Band The Tennessee Kids. 14 hervorragende Musiker sind das, darunter vier Bläser, zwei Drummer und ein Bassist, die wunderbar Druck machen können, und ein vierköpfiger Gospel-Chor, der wunderbar Stimmung machen kann.
Umso trauriger ist, dass der Sound in einigen Teilen der Halle so schlecht ist, das die gefinkelten Feinheiten, die diese Virtuosen spielen, nicht mehr zu hören sind. Auch gegen Schluss wird der Sound nur wenig besser. Das Publikum in der Stadthalle ist trotzdem begeistert. „Summer Love“ und „Can’t Stop The Feeling“ sind ein Triumphzug, nach dem es keine Zugabe gibt, weil nichts Besseres mehr kommen kann.
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