Jürgen Maurer will eine ROMY: Der Alles-Spieler

Maurer spielt in der Fin de Siècle-Sere „Lieberman“ den Polizeiinspektor Oskar Rheinhardt
Die „Vorstadtweiber“ machten ihn bekannt, er ist aber mittlerweile in vielen Hauptrollen zu sehen, etwa in "Lieberman".

Er ist (wieder) für eine ROMY nominiert – und auch sonst sind für den Schauspieler längst rosige Zeiten angebrochen. Er kann sich vor Rollen-Angeboten kaum retten. Das liegt an seiner Vielseitigkeit. Er kann scharfzüngig, intellektuell, trottelig, nervig, kauzig und unglaublich romantisch sein. Er hat den Kriminalinspektor genauso drauf, wie den Ermittler und auch als unauffälliger Typ ist kaum einer so auffällig gut wie er: Juergen Maurer.

Seinen Beruf hat der Mann mit dem Faible für ungewöhnliche Rollen nicht auf einer Schauspielschule gelernt, sondern auf der Bühne – vor Publikum, bei dem er bis heute gut ankommt. Derzeit steht Maurer für eine internationale Produktion vor der Kamera: Für die „Liebermann“-Krimi-Reihe, basierend auf den Bestsellern des Londoner Psychiaters Frank Tallis.

Maurer spielt darin den Polizeiinspektor Oskar Rheinhardt, dem der junge Psychiater Max Liebermann, ein Student von Sigmund Freud, als eine Art Profiler hilft. Liebermann wird von dem jungen, britischen Schauspieler Matthew Beard verkörpert. Da der Film in englischer Sprache gedreht wird und das Jahrhundertwende-Wien samt Klimt, Schiele, Gustav Mahler und Sigmund Freud gerade „in“ ist, eignet sich der Stoff gut, um den internationalen Serienboom zu bedienen. Geplant sind vorerst einmal drei Teile der Liebermann-Reihe, die vom ORF und dem ZDF koproduziert wird.

KURIER: Sie sind für die ROMY nominiert – was bedeuten Ihnen solche Preise?

Jürgen Maurer: Um das beantworten zu können, müsste ich erst einmal einen Preis gewinnen. Ich habe noch nie irgendwas gewonnen. Es wäre jetzt übertrieben zu sagen, dass mir das wurscht ist. Wenn man für einen Preis nominiert ist, dann will man ihn auch gewinnen – natürlich wäre die ROMY was Feines.

Gibt es für Sie etwas wie eine Lieblingsrolle, oder ist es bei den vielen Filmen, in denen sie mitwirken, immer gerade die, an der Sie gerade arbeiten?

Wenn man das Glück hat, so eine Bandbreite spielen zu dürfen – von der Komödie übers Drama bis zum Krimi und Psychothriller und vom Widerling bis zum sympathischen Tollpatsch– dann ist das eigentlich (macht eine Pause) arg (lacht).

Und wie suchen Sie Ihre Rollen aus?

Das hängt immer davon ab ob, mir das Drehbuch gefällt. Bei der ersten Staffel von den „Vorstadtweibern“ hab ich das betrieben, was man „Binge Reading“ nenne könnte. Ich habe die ersten fünf Bücher in einem durchgelesen und mich dabei extrem amüsiert. Und dann wollte ich diesen Georg Schneider unbedingt spielen. Ich finde das ganze Projekt toll, weil es so viele Komponenten hat. So etwas hat es vorher in der deutschsprachigen Fernsehlandschaft nicht gegeben. Bei „M“ ist es mir ähnlich gegangen. Da habe ich mir schon beim Lesen gedacht, dass das Ganze wirklich mutig ist. David Schalko ist ein sehr politischer Mensch und einer der – Gott sei Dank! – seine Meinung über die derzeitigen politischen Verhältnisse nicht zurückhält. Schon allein deshalb würde ich für den David alles spielen – auch einen „Baum“.

Ist es Ihnen wichtig, dass Sie auch in Filmen mitwirken, die politisch etwas zu sagen haben?

Der satirische Holzschnitt, den David Schalko mit dem Innenminister in „M“ hinknallt, ist so böse, dass ich mich wundere, wenn sich Politiker darüber aufregen. Denn das würde ja bedeuten, dass sich jemand darin erkannt hat (lacht). Wenn es Proteste gibt, dann muss der David ja irgendjemanden richtig getroffen haben.

Können Filme Ihrer Meinung nach etwas bewirken?

In Zeiten der politischen Entsolidarisierung, des Rechtsrucks und des Populismus wird die Unterhaltungsindustrie immer seichter. Die Filme werden immer unpolitischer und zur reinen eskapistischen Zerstreuung, mit der diese Verdumpfung der Gesellschaft dann noch gefördert wird. Das finde ich grauenvoll. Das erinnert an eine Zeit, die es – wie wir wissen – schon einmal gegeben hat. Wenn Xenophobie, Mauerbau und dieses Angstschüren wieder Saison haben, dann muss die Kunst dagegen aufheulen. Das kann sie übrigens auch in unterhaltsamen Produktionen wie in einem „Tatort“.

Die „Liebermann“-Reihe, in der Sie gerade spielen, müsste ja dann ganz in Ihrem Sinne sein. Denn Sie gibt auf der einen Seite spannende Kriminalrätsel auf, erzählt aber daneben auch von Xenophobie, Antisemitismus und dem aufkeimenden Faschismus in Wien zur Zeit des Fin de Siècle.

Die Jahrhundertwende war tatsächlich von einer gespaltenen Gesellschaft gekennzeichnet, und das aufzuzeigen finde ich wichtig. Weil man daraus auch Rückschlüsse auf die heutige Zeit ziehen kann. Dass der „Liebermann“ eine internationale Produktion ist, macht mich einerseits irgendwie stolz, andererseits hatte ich auch einen gewissen Spundus davor. Aber bei der Arbeit am ersten Teil mit Robert Dornhelm war der ziemlich schnell weg.

Sie drehen gerade den zweiten Teil von „Liebermann“, bei dem nach Dornhelm Umut Dag Regie führt. Ist das für Sie und die anderen Schauspieler eine große Umstellung?

Ich gehe in den zweiten und dann sicher auch in den dritten Teil genauso hinein wie in den ersten. Robert Dornhelm hatte eine sehr feine, psychologische Klinge, bei der Charakteristik von Oskar Reinhardt, den ich spiele, und bei Max Liebermann. Umut Dag übernimmt die Figuren im Wesentlichen so, wie wir sie im ersten Teil erarbeitet haben. Ich merke aber, dass er mit dem Kameramann anders an der optischen Umsetzung arbeitet. Ich bin schon sehr gespannt, die drei Folgen einmal zu sehen.

(Von Gabriele Flossmann)

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