Jonasson: Daumen drücken für den 100-Jährigen

Jonasson: Daumen drücken für den 100-Jährigen
750.000 Schweden haben sich mit dem Hundertjährigen gefreut, der an seinem Geburtstag aus dem Altersheim geflüchtet undv erschwunden ist.

Man kann ja auch ein anderes Mal sterben und anderswo ...
Während im Heim das Fest zu seinem 100. Geburtstag vorbereitet wird, haut Allan Karlsson ab. Braune Hose, braune Jacke, braune Schlapfen.

Den Hut hat er im Zimmer vergessen. Aber sollte er deshalb durchs Fenster zurückklettern?
Jetzt sitzt er am Bahnhof und wartet auf den nächsten Bus - egal, wohin der fährt. Da kommt ein junger, äußerst ungehobelter Typ mit einem großen Koffer.

Der Koffer Der sagt zu dem Hundertjährigen: "Ich muss mal scheißen." Pardon. Der redet wirklich so. Allan Karlsson soll einstweilen auf den Koffer aufpassen.
Dann kommt der Bus, und der Scheißkerl ist immer noch am Klo. Also nimmt der Alte den Koffer, steigt ein, fährt fort.

Bald wird er den Inhalt kennen: 50 Millionen Schwedische Kronen, also mehr als fünf Millionen Euro. Spätestens wenn der Verbrecher auftaucht, denn selbstverständlich ist es Mafiageld, drückt man Allan Karlsson die Daumen.

... und schon landet der Gangster in einem Kühlraum für zerlegte Elche.
... und unser Mann, er trägt immer noch die braunen Schlapfen mit den Pinkelspuren, genehmigt sich mit großem Vergnügen ein hartes Frühstücksei.

Die Freude, die man beim Lesen empfindet, hält 400 Seiten und wird sogar immer größer: Wenn man schon selbst nicht das Glück haben wird, mit 100 so rüstig zu sein - DER soll es schaffen.

Unterhaltung auf hohem Niveau

Jonasson: Daumen drücken für den 100-Jährigen

Halten wir fest: "Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand" ist Unterhaltung auf hohem Niveau, made in Schweden bzw. nicht ganz in Schweden, weil sich der Autor und Medienexperte Jonas Jonasson ins Tessin zurückgezogen hat.

Seine Geschichte - von Wibke Kuhn übersetzt - ist so geschickt geschrieben, dass man gar nicht auf die Idee verfällt, alles sei erfunden, erlogen.

Dabei bekommt sein lieber, naiver, mitunter an "Forrest Gump" erinnernder Allan Karlsson auch noch Begleiter, Mitstreiter, da zieht es einen normalerweise die Schlapfen aus!
Einen Elefanten z. B.

Die Bombe Und dann ist da ja noch etwas: Die Vergangenheit des alten Schelms wird ebenso bereist wie die Welt. Der kann nämlich Schnaps aus Ziegenmilch herstellen.
Und eine Atombombe zusammenbasteln.

Mit US-Präsident Truman hat er deshalb seinerzeit Tequila gesoffen. Mit Stalin Salzgurken gegessen. Im Kampf gegen Mao Brücken gesprengt. Und Churchill das Leben gerettet.
Wie gesagt, das klingt alles durchaus vernünftig - in diesem Glücksfall eines Romans.
Selbst der Polizist, der den Hundertjährigen verhaften sollte, sitzt zufrieden bei ihm auf der Veranda und bittet um Milch für den Kaffee.

KURIER-Wertung: ****
von *****

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