"Jolanthe und der Nussknacker" in der Volksoper: Liebe macht sehend

"Jolanthe und der Nussknacker" in der Volksoper: Liebe macht sehend
Die Volksoper verwebt zwei Werke zu einer Familienoper (ab 8 Jahren), De Beer inszeniert, Wellber dirigiert.

Es war nicht nur das Wochenende der Bundespräsidentenwahl, sondern auch jenes, an dem die Bundesbühnen sich in großen Häusern an die Kinder wandten (siehe auch diese Kritik aus dem Akademietheater). Die Volksoper brachte ein Familienstück (empfohlen ab 8 Jahren) auf die Bühne: „Jolanthe und der Nussknacker“ nach Tschaikowski in einer Inszenierung von Neo-Direktorin Lotte de Beer, in der Choreografie von Andrey Kaydanovskiy mit dem neuen Musikdirektor, Omer Meir Wellber, am Pult.

Wer da erwartet hatte, die einaktige Oper, dazwischen das Ballett und dann das Finale der Oper zu erleben, wurde überrascht: Die beiden Werke wurden vielmehr fließend ineinander verwoben, um ein gemeinsames Ganzes zu bilden. Pedantischen Notenzähler mit Partitur auf den Knien werden dabei die Haare zu Berge gestanden haben; für alle anderen hatte das jedenfalls freundlichen Novitätencharakter. Und gerade der „Nussknacker“ hat sich ja längst zur klassiktouristischen Hörenswürdigkeit entwickelt, bei der sich vor allem rund um Weihnachten ohnehin mit den verschiedensten Motiven bedient wird.

"Jolanthe und der Nussknacker" in der Volksoper: Liebe macht sehend

Weil sie ein Mädchen ist

Die beiden Werke zusammen nun erzählen eine leicht andere Geschichte als „Jolanthe“ allein; und zwar eine, die dem neuen Haus – es ist immerhin außen rosa! – inhaltlich besser steht. Denn Heutigkeitspreis kriegt die Story um ein armes blindes Mädchen, das zuerst vom Vater vor der Welt beschützt und dann von gleich vier Männern erleuchtet wird, jedenfalls keinen. De Beer nun lässt die Ballettpassagen zu einer Art Selbstermächtigungsgegenwelt werden: Jolanthe sieht zwar die echte Welt nicht, erschafft sich aber zumindest eine eigene.

Die sieht ein bisserl aus wie von André Heller, mit großköpfigen Märchenfiguren, Schneeflocken und Geschlechterneutralität beim blumenhaften Gewand des Staatsballetts.

"Jolanthe und der Nussknacker" in der Volksoper: Liebe macht sehend

Am Schluss dann Liebe, Erwachsensein und ein Zusammenfließen von äußerer und innerer Welt: Fantasie macht die Realität erst erträglich, steht draußen auf dem Spielplanposter, und wer würde da widersprechen wollen.

Der am Schluss anhaltend und freundlich akklamierte Nachmittag strahlte viel von jener Lasst-uns-miteinander-spielen-Freundlichkeit aus, mit der De Beer die Volksoper auf heutigeren Kurs bringen will – wahrlich nicht die schlechteste Emotion. Viel Applaus gab es für Stefan Cerny als König René; auch die Jolanthes – in der Oper Olesya Golovneva, im Ballett Mila Schmidt – und Andrei Bondarenko als Herzog von Burgund gefielen.

Aus dem Graben, wo der neue Musikdirektor seine erste Premiere leitete, kam einiges an erfreulichem Versprechen, sodass man sich gut aufgehoben und gut unterhalten fühlte.

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