Johnny Strauss am Synthie: Walzer, Wahnsinn und Vokuhila
Die Operette "Wiener Blut" dürfte das erste Juke-Box-Musical der Welt sein: Sie wurde Ende des 19. Jahrhundert aus 31 Kompositionen von Johann Strauß Sohn kompiliert – und erzählt von den amourösen Eskapaden des Grafen Zedlau zur Zeit des Wiener Kongresses. 90 Jahre später veröffentlichte Falco sein viertes Album. Mit dem Strauß-Walzer hatte der titelgebende Song "Wiener Blut" (außer Saft und Kraft) nicht viel zu tun. Die Verbindung wurde erst jetzt hergestellt: Das von Alexander Pschill gegründete Theater Bronski & Grünberg, in der Müllnergasse genau gegenüber dem Museum der Johann Strauß Dynastie gelegen, transferierte den Plot in die 1980er-Jahre und ergänzte die bekannten Melodien des Walzer-Königs mit Hits aus jener Zeit (von den Eurythmics bis zu Queen und Wolfgang Ambros). In der völlig überdrehten Regie von Ruth Brauer-Kvam entstand ein schlicht grandioses wie trashiges Spektakel. Katharina Kappert (Kostüme) und Nora Pierer (Bühne) und haben all das zusammengetragen, was eigentlich ultra-peinlich ist – vom Käseigel über den Fuchsschwanz bis zum gemeschten Vokuhila.
Mit stoischem Gesichtsausdruck begleitet Dave Moskin als Johnny Strauss im goldenen Anzug die turbulente Verwechslungskomödie am Synthie. Johannes Huth, der liebestolle Balduin, erinnert an eine Mischung aus Limahl und dem jungen Dominic Heinzl. Die prächtig herausgeputzten Aerobic- und Disco-Queens (Julia Edtmeier, Salka Weber, Caroline Frank) schlürfen bunte Cocktails, aufgepolstert zum Prater-König singt Tania Golden "Geht’s und verkauft’s mei G’wand" als Gospel. Und Josef, der Diener (Florian Carove), ist samt Autotelefon ein wunderbarer Strizzi.
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