John Lennon war nach den Beatles zum ersten Mal glücklich

John Lennon war nach den Beatles zum ersten Mal glücklich
50 Jahre nach den Aufnahmen zu Lennons erstem Post-Beatles-Solo-Album erzählt Bassist Klaus Voormann, wie er den Weltstar damals erlebte

September 1970, Abbey Road Studio in London. John Lennon nimmt mit Yoko Ono, Ringo Starr und seinem Freund Klaus Voormann „John Lennon/Plastic Ono Band“, sein erstes Solo-Album nach der Trennung der Beatles, auf. Für Voormann, einen Grafiker und Bassisten aus Hamburg, der sich dort zehn Jahre davor mit den Beatles angefreundet hatte, war es das erste Mal, dass er John Lennon glücklich sah.

„Bis dahin war John immer frustriert gewesen“, erinnert sich Voormann. „Als die Beatles noch völlig unbekannt waren, konnte er superwitzig sein. Er war übermütig und frech, wollte nur ein Rocker sein und benahm sich entsprechend. Er fluchte auf der Bühne oder scherzte über Hitler, erlaubte sich Unglaubliches. Aber als die Beatles berühmt wurden, musste er da vorsichtig sein und war nicht mehr so offen. Als er dann Yoko kennenlernte und sich von den Beatles entfernte, wurde er glücklich. Es war ein neuer John, den ich 1970 in den Abbey Road Studios traf.“

John Lennon war nach den Beatles zum ersten Mal glücklich

Klaus Voormann

50 Jahre sind diese Sessions jetzt her. Aus diesem Grund haben Soundtechniker Paul Hicks, Sam Gannon und Rob Stevens in Zusammenarbeit mit Yoko Ono die Songs von „John Lennon/Plastic Ono Band“ zusammen mit den davor erschienen Lennon-Solo-Singles „Give Peace A Chance“, „Cold Turkey“ und „Instant Karma“ remixed und bringen sie diesen Freitag als „John Lennon/Plastic Ono Band – The Ultimate Collection“ auf den Markt. Kernstücke der Veröffentlichung sind die Ausgaben mit einer CD mit den Originalsongs, oder das Doppel-Album mit zusätzlichen Out-Takes, also Songs, die es nicht oder nicht in der Form auf das Album geschafft haben.

John Lennon war nach den Beatles zum ersten Mal glücklich

Glanzstück der Veröffentlichung ist aber die „Super Deluxe Edition“ mit einem 132 Seiten starken Buch, das mit Interviews mit allen Beteiligten die Entstehung des Albums dokumentiert, und sechs CDs und zwei Blue-Ray-Audio-Discs mit zusätzlichen alternativ abgemischten Versionen der Songs, Demos, Live-Aufnahmen und den Jamsessions.

Klaus Voormann hat es speziell die CD „Evolution Documentary“ angetan, die für jeden Song in einer Audiomontage aus Konversationen, Proben und Lennons Anweisungen dessen Entwicklung nachzeichnet. „Ich hatte viel davon vergessen“, sagt der 82-Jährige. „Ich dachte, wir waren viel schneller. Aber John hat oft gesagt, diesen Song spüre ich heute nicht, lass uns das morgen machen. Aber im Prinzip war er bei den Sessions so glücklich, wie ich ihn nie zuvor gesehen hatte. Er hatte zu sich gefunden. Er lachte, weinte, umarmte Yoko und war total nett zu uns. Er hatte davor mit Yoko die Urschrei-Therapie gemacht und daraufhin dieses Album geschrieben. Er wollte nichts, als all das auszudrücken, was er in diesen Songs sagt.“

Mit der Therapie in Los Angeles ging Lennon den Traumata seiner Kindheit auf den Grund, konnte die Probleme ansprechen und drückte sie in den Songs aus, die weit persönlicher waren, als alles, was er zur Beatles-Zeit geschrieben hatte. Er sprach in „Mother“ an, wie ihn seine Eltern verlassen haben, ließ in „Working Class Hero“ seiner Wut über die Klassengesellschaft freien Lauf und beschrieb in „God“, wie er anstatt an das Konzept von Gott nur mehr an die Liebe mit und für Yoko Ono glaubt.

Ungeachtet der ernsten Themen der Songs herrschte im Studio eine verspielte Atmosphäre. „John hat nicht viel erklärt“, sagt Voormann. „Wenn er sich ans Klavier setze oder auf der Gitarre einen Song vorspielte, wussten wir, wohin es geht. Wir haben aber auch viel gejammt. Ringo hat einen Rhythmus angefangen, ich bin mit eingestiegen und dann haben wir probiert, zu welchem Song das passen könnte. Wir spielten die lächerlichsten Sachen, die oft überhaupt nicht passten. Aber John wollte das so, um zu sehen, wie er die Songs am besten auf Band bringen kann. Wenn wir freilich aufnahmen, konnten wir uns alle tief in das Thema versenken und genau das Feeling rüberbringen, das John mit dem Song transportieren wollte. Es war eine fantastische Zeit.“

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