"Anklage": Im neuen Thriller werden Berge geköpft

Der US-Bestsellerautor ärgert sich über den gierigen Kohleabbau in den Appalachen.

Das ist nicht der stärkste Justizthriller des ehemaligen US-Anwalt John Grisham, wirklich nicht.

Eine Seltenheit: Er lässt keinen Mann, sondern eine Frau gegen die mächtigen, gierigen Ungustln dieser Welt kämpfen.

Doch hat Grisham (mit 300 Millionen weltweit verkauften Büchern) diesmal die Geschichte etwas vernachlässigt.

Der 60-Jährige hat vergessen, dass seine Heldin Samantha halbwegs interessant sein sollte.

Als Leser interessiert an ihr aber vor allem das Einkommen als Anwältin in einer New Yorker Top-Kanzlei.

Also: Samantha ist im dritten Angestelltenjahr – 180.000 Dollar brutto plus Bonus. Im fünften Jahr – dann ist sie 31 – werden es 500.000 Dollar sein, und wenn sie 35 ist, sind es mindestens zwei Millionen Dollar jährlich.

Zerstörung

Aber der Kollaps der Lehman Brothers riss auch Anwaltskanzleien mit, und so kommt es, dass Samantha als Gratis-Rechtsberaterin in einen 2000-Einwohner-Ort in Virginia landet:

Nur 500 Kilometer von Washington entfernt, doch viel, viel weiter weg von der Kultur.

John Grisham ärgert sich deutlich. Das macht seinen 32. Roman zwar nicht spannender, aber die Zerstörung der Appalachen wird der Weltöffentlichkeit gezeigt.

Hier wird Steinkohle nach "Mountain top removal mining"-Art abgebaut. Die USA decken ihren Strombedarf zu nahezu 50 Prozent aus Kohlekraftwerken.

Giftsuppe

"Anklage": Im neuen Thriller werden Berge geköpft
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Man köpft die Bergkuppen (500 wurden bisher "enthauptet") und kippt den Fels mitsamt Bäumen und Humus in die Täler. Flüsse werden begraben, manchmal werden Menschen erschlagen, manchmal verschwinden ganze Ortschaften.

Die Kohlelobby hat gute Anwälte wegen der Schadenersatzklagen.

Die gefundene Kohle wird gewaschen, dadurch entsteht giftige Schlammsuppe, die hinter Dämmen gebunkert wird. In Kentucky brach ein solcher Damm und verseuchte das Land mit zehn Mal mehr Gift als bei der Exxon-Valdez-Ölkatastrophe vor Alaska.

Aber was in den Appalachen passiert, erfährt man normalerweise nicht.

John Grisham: "100 Jahre lang wurde in diesem Land Kohle abgebaut, ohne Berge zu zerstören. Seit 1970 machen es die Gesellschaften im Tagbau. Das ist billiger und geht schneller. Früher gab es eine Million Jobs in den Minen, heute reichen für die Arbeit 80.000 ..."

Aufklärung ist in diesem Fall wichtiger als Unterhaltung.

KURIER-Wertung:

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