John Cale live in Wien: Zuerst enttäuschend, dann faszinierend

John Cale live in Wien: Zuerst enttäuschend, dann faszinierend
Der 80-jährige Musiker, der mit der Band The Velvet Underground die Rock-Avantgarde begründete, trat im Porgy & Bess auf

Die Erwartungen waren hoch, als John Cale, die 80-jährige Ikone der Rock-Avantgarde, Donnerstag die Bühne des Wiener Jazzklubs Porgy & Bess betrat. Cale hat klassische Musik studiert, mit La Monte Young dröhnende Geräusche erforscht und mit Lou Reed die Rockband The Velvet Underground gegründet. Häufig war er ein Garant für experimentelle Sounds, die so eindringlich und so anders als alle anderen sind, dass die Gänsehaut kribbelt.

Davon war im Porgy & Bess nichts zu spüren. Zumindest sehr lange nicht. Cale saß an seinem E-Piano, spielte mit der dreiköpfigen Band Songs aus allen Phasen seiner Karriere, aber es hörte sich an wie eine durchschnittliche Rockband, die sich brav an die Konventionen des Genres hält. Selbst ein Song wie „Rosegarden Funeral Of Sores“, in der Studioversion ein Paradebeispiel dafür, wie Cale mit Musik eine dämonische Atmosphäre schaffen kann, kam in diesem Arrangement ohne Kanten und Biss daher.

John Cale live in Wien: Zuerst enttäuschend, dann faszinierend

Der müde Gesamteindruck ändert sich erst nach einer Stunde, als Cale „Wasteland“ anstimmte. Da waren sie auf einmal, die dröhnenden Geräusche, die Spannung und die latente Gefahr, die bei Cale immer so anziehend waren. Da störte es auch nicht mehr, dass der Brite, der seit Langem in Amerika lebt, kein guter Sänger ist. Denn auf einmal lag da eine Dringlichkeit und Präsenz in seiner Stimme, die so faszinieren konnte, wie man es erwartet hatte.

Das änderte sich auch bis zum Ende mit der furiosen Coverversion von „Heartbreak Hotel“ nicht mehr. Ganz konnte das tolle Finale den enttäuschenden Eindruck vom Beginn aber nicht wettmachen.

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