John Boyne schreibt mmer auch für Erwachsene

John Boyne
Nach "Der Junge im gestreiften Pyjama" geht es in "Der Junge auf dem Berg" um Manipulation.

Wieder ein Roman, in dem Hitler auftritt (was nicht notwendig gewesen wäre, um zu zeigen, wie leicht ein Mensch zu beeinflussen ist).

Wieder ein Roman vom Iren John Boyne über Kinder im Krieg. Sein "Der Junge im gestreiften Pyjama" (2006) wurde weltweit sechs Millionen Mal verkauft. Die Freundschaft zwischen dem neunjährigen Sohn eines SS-Kommandanten und dem neunjährigen KZ-Häftling Schmuel am Stacheldraht von Auschwitz ist auch lange Zeit später im Gedächtnis fest verankert.

"Ich glaube, es ist ein Kinderbuch", hat Boyne einmal gesagt. "Aber es könnten auch Erwachsene mögen."

"Mögen" nicht unbedingt.

Schon eher "brauchen".

"Der Junge auf dem Berg" funktioniert genauso. Aber das Herz umklammert er nicht und drückt nicht fest zu.

Ab sofort: Peter

Ein Bub aus Paris – Vater Deutscher, Mutter Französin – wird Vollwaise.

Pierrot, sieben ist er, wäre gern bei seinem Freund Anshel Bronstein und dessen Mutter geblieben, Dass Anshel Jude war – was interessierte es Pierrot? Dass er taubstumm war – wen kümmerte es? In einer eigenen Gebärdensprache vertrauten die Freunde einander alles an.

Aber eine ferne deutsche Tante holt Pierrot 1936 zu sich. Sie ist Hauswirtschafterin. Sie ist ausgerechnet Hauswirtschafterin im Berghof. Sie ist Hitlers Hauswirtschafterin.

Pierrot muss ab sofort Peter heißen. Franzosen sind nicht gar so beliebt hier. Hitler mag Peter. Peter mag Hitler. Es entsteht eine Vater-Sohn-Beziehung, die der Bub nicht enttäuscht. Peter verroht, er spürt Macht, seine Macht, vor allem in der Uniform der HJ. Zum Verräter wird er, auch sich selbst verrät er.

Der Roman reicht bis nach dem Krieg. Er zeigt die Verführung, aber auch die Reue und Buße. Peter wird wieder zu Pierrot und kehrt nach Paris zurück.

Den freundlichen Hitler, der dem Kind geduldig Antworten gibt und von seinen Hunden erzählt, den muss man als Leser aushalten. Gehört ein guter Magen dazu. Hitler eignet sich halt spektakulär, um vorzuführen, wie leicht sich jemand täuschen bzw. verführen lässt.

John Boyne:
„Der Junge auf dem Berg“
Übersetzt von
Ilse Layer.
Verlag S. Fischer.
316 Seiten.
17,50 Euro.

KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern

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