Werden Sie alle Operetten aufführen?
Dafür bräuchten wir ein eigenes Haus, das uns das ganze Jahr zur Verfügung steht. Es würde auch keinen Sinn machen. Wir sind kein Festival, sondern wir haben ein Festjahr, in dem wir jede Woche eine Premiere in unterschiedlichen Genres zeigen werden. Das kann eine Operette sein, ein Konzert, eine Lichtinstallation, eine Performance oder ein Biopic. Es gibt 600 Werke, vor allem Walzer und Polkas, 15 Operetten, die Oper „Ritter Passmann“ und das Fragment eines Balletts nach „Aschenputtel“. Wirklich bekannt sind jedoch, abgesehen von der „Fledermaus“, „Wiener Blut“, „Nacht in Venedig“ und „Der Zigeunerbaron“. Der Rest seiner szenischen Werke ist heute weitgehend unbekannt. Das Problem sind meist die Libretti. Viele sind nicht wirklich gut, bei vielen ist es schwierig, sie in einem heutigen Kontext zu zeigen. „Fürstin Ninetta“ ist eines der interessanten Werke, die zentrale Figur tritt einmal als Mann, einmal als Frau auf.
Genderfluidität bei Strauß?
Oder auch Queerness, wir haben die Künstlergruppe Nesterval damit beauftragt. Sie werden genau in einem Jahr im Dianabad ihre Fassung zeigen. Auch in Verbindung mit dem „Donauwalzer“.
Viele meinen, „Der Zigeunerbaron“ wäre heute nicht aufführbar. Das Z-Wort im Titel, es geht um Diskriminierung einer Volksgruppe...
„Der Zigeunerbaron“ kommt, das ist musikalisch die beste Operette von Strauß. Ich finde ihn besser als „Die Fledermaus“. Unsere Produktion ist noch Work in Progress, aber ich halte nichts davon, den Titel zu ändern, das heißt, einen „Z-Baron“ daraus zu machen. Man muss einen Weg finden, mit der Problematik im Stück umzugehen, aber den Titel zu verändern wäre falsch. Wir sind auch in Kontakt mit den entsprechenden Communities. Es geht darum, dass eine Minderheit an den Rand gedrängt wird. Wenn man diese Basis wegschneidet, gibt es das Stück nicht mehr.
Manche meinen 20 Millionen Euro Budget seien zuviel für das Strauß-Jahr.
Das Budget ist sehr knapp bemessen, das funktioniert nur, weil ich ein Sparfuchs bin. Aber ich bin im Moment guter Dinge, dass wir es schaffen. Wir beginnen am 1. Jänner um Null Uhr im Wiener Konzerthaus und enden am und 31. Dezember mit einer Strauss-Gala im Theater an der Wien.
Sind Produktionen im Theater an der Wien überhaupt möglich, wird der Umbau rechtzeitig fertig?
Im Oktober, da bin ich mir sicher. Das Theater an der Wien wird sich mit eigenen Produktionen einbringen, die sind aber als Eigenproduktion des Theaters an der Wien im Programm gekennzeichnet. Mit der Staatsoper wird es eine schöne Kooperation geben, die Volksoper wird neben der „Fledermaus“ zwei neue Operettenpremieren zeigen.
Wenn wir schon vom Geld reden, stimmt es, dass Strauß nie genug verdienen konnte?
Insbesondere seine Mutter und erste und dritte Frau waren kaufmännisch sehr talentiert. Das ist auch einer der Gründe, warum er Operetten komponiert hat. Die einen meinten, er sollte das Terrain nicht Jacques Offenbach überlassen, aber die wahre Antriebsfeder für die Operette war der Verdienst. Aus jeder Operette hat er vier oder fünf Werke gewonnen, Walzer, Polkas. Das war damals so üblich. Wenn Strauss am Wochenende ein Konzert mit drei neuen Walzern gespielt hat, hat er gleich danach die Klavierfassung dazu herausgegeben.
Eine KI soll ein Strauß-Werk komponieren. Sind Strauß‘ Walzer so einfach, dass sie eine Software nachahmen kann?
Das ist ein wissenschaftliches Projekt mit Ars Electronica Futurelab und vier Musikuniversitäten. Es soll eine Walzer Symphonie werden, die wir analog im November 25 hier in Wien zur Uraufführung bringen. Aber das Wesentliche, was man ja immer wieder vergisst. Die KI allein kann nichts machen. Auch während des Kompositionsprozesses muss sie von einem Menschen, in dem Fall von einer Komponistin oder Komponisten begleitet werden und immer wieder geführt werden.
Wie blicken Sie dem Strauß-Jahr entgegen?
Mit sehr viel Vorfreude. Weil ich glaube, dass es uns gelingen wird, eine große Bandbreite an Menschen zu erreichen Der Slogan „Wien in Strauss und Braus“ ist ein Sinnbild seiner Musik, purer Lebensfreude. Er wollte die Menschen im besten Sinn unterhalten. Wenn wir am Donauinselfest ein Strauss-Konzert machen, dann wollen damit keine jungen Leute belehren. Wir möchten, dass alle spüren, wie Strauss'sche Musik heute noch mitreißt.
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