Sieht aus wie Beethoven mit Boxernase
Der Londoner Privatdetektiv Cormoran Strike ist berühmt. Zwei Fälle hat er gelöst, zuerst "Der Ruf des Kuckucks" – damals ist er artig, wenn er aufs WC musste, in den nächsten Pub hinter der Statue von Freddie Mercury marschiert, weil das kleine Klo in seinem Büro so zentral liegt, sodass seine Sekretärin sämtliche Geräusche ... lassen wir’s gut sein. Es war jedenfalls ein netter Start.
Es folgte "Der Seidenspinner": Jemand zog mit den Gedärmen eines Schriftstellers durch die Stadt. Es handelte sich um einen schlechten Schriftsteller.
Die Autorin der Serie war damals mit ihren Gedanken offensichtlich weit weg, bei Harry Potter. Keine Bilder entstanden im Kopf, ein Ermittlungsgespräch folgte aufs andere.
Joanne K. Rowling, die Krimis unter dem Pseudonym Robert Galbraith schreibt, machte im zweiten Roman auch den Fehler: Sie versuchte"hohe Literatur".
Will Robin?
Als sie etwa eine Verlobung mit einem Korken verglich, "der ein dünnes, stetiges Rinnsal verstopfte", verklumpte ihre tröpfelnde Poesie.
Davon scheint sie geheilt, wenn jetzt "Die Ernte des Bösen" eingefahren wird.
Ein wortkarger Motorradbote bringt ein abgesägtes Frauenbein in die Detektei. Wird wohl eine Warnung sein. Fragt man Cormoran Strike, wer zu solch einer Tat fähig wäre, fallen ihm vier Namen ein. Gleich vier!
Damit sind wir in seiner Vergangenheit gelandet. Er war ja Soldat in Afghanistan. Eine Mine hatte ihm den rechten Unterschenkel weggerissen.
Militärpolizist war er, und Sohn eines Rockstars ist er. Seine Mutter wurde möglicherweise mit Heroin ermordet. Das wird noch irgendwann zu klären sein.
Schön ist Cormoran Strike nicht, aber riesengroß, Mitte 30, ein bissl zu massig, sehr behaart, sehr rücksichtsvoll, und im neuen Roman erfährt man zusätzlich: Er sieht wie Beethoven aus, aber mit Boxernase.
Das Beste an ihm ist sowieso seine Sekretärin bzw. Assistentin Robin, die eigentlich einen faden, eifersüchtigen Buchhalter heiraten will. Will sie? Wird sie? Schön ist es, auf recht billige Art unterhalten zu werden.
Manchmal.
Verfilmung
Diese Verbrecherjagd erfreut, so blödsinnig kann sie gar nicht sein.
Und soll niemand behaupten, man lernt bei J.K. Rowling nicht nebenbei eine Menge: Amelotatismus heißt das, wenn man Amputationen erregend findet ...
Die BBC verfilmt die Bücher. Das ist sehr schade. Damit werden die Bilder, die man sich von Strike und Robin selbst gemacht hat, verschwinden.
Robert Galbraith (= J.K. Rowling):
„Die Ernte des Bösen“
Übersetzt von Wulf Bergner, Christoph Gähler, Kristof Kurz. Blanvalet.
672 Seiten.
23,70 Euro.
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