Zurück aus der Van Damme-nis
Jean-Claude Van Damme ist so etwas wie der Lamborghini Countach der Filmbranche. Im Laufe der 80er Jahre hing sein Poster in fast jedem Bubenzimmer. Der belgische Karatemeister hatte sowohl Muskeln als auch Charme (Er hat als Bub Kampfsport UND Ballett gelernt). Er prügelte sich von einer Nebenrolle in "Karate Kid" (1986) bis zu seinem Durchbruch "Blood Sport" (1988) durch.
Drei Mal in Folge wurde er von MTV als "Begehrenswertester Schauspieler" nominiert, zuletzt 1994. Van Damme ging daraufhin den Weg vieler Highflyer der 80er und 90er. Schwer kokainabhängig versemmelte er Filmangebote, verpasste den Anschluss an eine von Grunge und Independent-Kino geprägte Zeit und war bald ein Garant für Flops. Privat machte ihm eine bipolare Störung das Leben sehr schwer. Ab 1999 schaffte es keiner seiner Filme mehr ins Kino. Ein kleines Comeback gelang 2008 selbst mit der Selbst-Parodie "JCVD" (den Initialen seines Namens).
Liebenswert
Stand 2017 ist es ziemlich schwer, Van Damme nicht liebenswert zu finden. Das zeigte sich bei der "weltweiten Vorpremiere" die Amazon am Dienstagabend in Paris für seine erste Streaming-Serie "Jean-Claude Van Johnson" veranstaltete. Rund um das ehrwürdige Art-déco-Kino "Le Grand Rex" war ein roter Teppich ausgerollt, hinter den Absperrungen standen wie immer bei solchen Events Schaulustige in mehreren Reihen. An sich ein banales Ritual des Showgeschäfts. Ungewöhnlich war jedoch, dass hier erwachsene Männer freudig auf- und abwippte, in den Händen DVD-Covers, selbstgemalte (!) Van Damme-Sujets oder Fotos von früheren Begegnungen mit ihrem Idol.
Als Van Damme schließlich unter lautem Jubel aus der Limo stieg, tänzelte er von Fan zu Fan wie ein 57-Jähriger Christiano Ronaldo. Er schüttelte Hände, zeichnete in zwei routinierten Strichen Autogramme und vollführte unter lauten "Jean-Claude!!!"-Rufen für die Fotografen Karate-Kicks in Über-Kopf-Höhe.
Viraler Spagat
Welches Potenzial in der Figur Van Damme steckt, erahnte man außerhalb der Hardcore-Fankreise, als er mit seinem "Epic Split" 2013 eine Werbung für Volvo drehte. Van Damme machte dabei einen Spagat zwischen zwei rückwärts fahrenden Lkw und sorgte für einen der am meisten verbreiteten Spots im Internet.
Amazon Prime Video widmet dem Actionstar nun eine Serie voller liebenswerter Referenzen an ihn selbst. In "Jean-Claude Van Johnson" spielt Van Damme sich selbst: Einen heruntergekommener Schauspieler, der nur mehr schlechte Rollenangebote bekommt. Diese braucht er aber ohnehin nur als Tarnung für seinen eigentlichen Job: Geheimagent. Auf diesen Ebenen balanciert der Schauspieler meisterhaft in einer wilden Mischung aus Action und standesgemäß schmalziger Romantik-Komödie.
Erste Reihe
Das kreative Team hinter der Serie gehört zur ersten Reihe des zeitgenössischen Film- und TV-Kunst aus Hollywood. Regisseur Peter Atencio, der alle sechs Folgen von "Jean-Claude Van Johnson" drehte, machte sich einen Namen mit der ungewöhnlichen Kult-Comedy "Key and Peele", Drehbuchschreiber Dave Callaham zeichnete unter anderem für die "Expendables" verantwortlich; mit Ridley Scott ist ein A-Liga Produzent an Bord. Das Ergebnis zeigt: Van Damme kann mehr als Leute aufmischen. Ein unerwartetes Comeback.
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