Sperrige Sounds, ein Tornado und exquisite Klangminiaturen
Wuchtig und dynamisch am Samstag der Auftakt, der wie ein Weckruf daherkommt: Bei Christian Mühlbacher’s USW, ... konnte sich jeder in der Großformation austoben.
Zum Niederknien und Herzaufgehen anschließend das Set mit Ben Goldberg an der Kontra-Alt-Klarinette: "Unfold Ordinary Mind" schwelgt in Melodien und schreckt nicht vor harmonisch Gefälligem zurück. Dass daraus am Ende doch keine süßliche Soße wird, dafür sorgen zwei Saxofone und eine unkonventionell aufgebrezelte E-Gitarre.
Wie ein laues Lüfterl beginnt "Kaze" (japanisch für Wind), Satoko Fujiis Quartet, um plötzlich zum Tornado zu werden: So aufbrausend, so aggressiv, so urgewaltig wie zwei Trompeten, eine Pianistin und ein Drummer im großen Meer der experimentellen Klänge nur sein können. Um just dann, wenn’s am Nervigsten ist, abrupt abzubrechen.
Der New Yorker Henry Threadgill steht im blütenweißen Anzug meist abseits auf der Bühne und macht seinem Ruf als einer der sperrigsten Figuren im aktuellen Jazz alle Ehre. Doch entpuppt sich "Old Locks and Irregular Verbs", eine Hommage an den 2013 verstorbenen Butch Morris, Erfinder einer von der Partitur befreiten Bigband, weniger als kunstvolles Miteinander denn als eine großteils wenig originelle und letztlich spannungslose Aneinanderreihung von Soli.
Cello mit Akkordeon
Noch vor "Blaccahenze", dem brachial rockigen Betthupferl des gebürtigen Sizilianers Roy Paci lange nach Mitternacht, eine kleine Nachtmusik der speziellen Art als Überraschung: Denn das Cello spielt im Jazz eine untergeordnete Rolle. Und Musiker, die ernsthaft versuchen, dieses Instrument zu etablieren, sind rar.
Manche der bezaubernden Miniaturen klingen wie der Soundtrack eines imaginierten Roadmovies, andere wie der Titel "Fliegenfänger" haben Witz, und wieder andere sind einfach nur schön, voll der Sehnsucht und Melancholie, wie das fast verklungene Echo einer sehr fernen Liebe.
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