Jazz in Saalfelden: Wenn das Alte auf andere Art wieder zum Neuen wird

Jazzfestival Saalfelden
Mit aufrüttelndem Klangmaterial gelang es dem Festival in seiner 34. Auflage erneut, allzu konventionelle Hörgewohnheiten zu sprengen.

Summertime End in Saalfelden am Fuße des Steinernen Meeres. Ins frühherbstliche Flair mischt sich die Musik, die wie keine andere für Freiheit und Grenzenlosigkeit steht.

Der Jazz im Pinzgau hatte am Wochenende wieder rund 15.000 Besucher. Die Intendanten Mario und Michaela Steidl haben mit einem so gar nicht üppigen 620.000-Euro-Budget ein klangliches Blumen-Bouquet mit vielen Jazz-Aromen zusammengestellt.

Ihr Mut zum Experiment hat sich gelohnt. Die Enttäuschungen und unerfüllte Erwartungen waren selten. Die Ausbeute für Interessierte am „Experiment in New Music“ war dagegen hoch.

Gershwin reloaded

Jazz in Saalfelden: Wenn das Alte auf andere Art wieder zum Neuen wird
Jazzfestival Saalfelden
Wirklich neu ist in diesem Genre ohnedies schon lange nichts mehr, aber doch immer ein bisschen anders. Und allemal ein Erlebnis, wenn sich ein Universalist wie der New Yorker Pianist und Komponist Uri Caine als Meister des kreativen Crossover – nach Bach und Mahler – der „Rhapsody in Blue“ und anderer Gershwin-Kompositionen annimmt.

Wie er zum Festival-Finale am Sonntagabend dessen Musik mit seiner Bearbeitung in die Gegenwart katapultierte, begeisterte die Zuhörer. Und hat das Alte noch einmal auf andere Art zum Neuen gemacht.

Wer es sich in der Hängematte allzu festgefahrener Hörgewohnheiten bequem gemacht hatte, bekam starke Impulse und konnte erfahren: So klingen Revolution und Anarchie. Als etwa die grimmig auftrumpfende Protestmusik der zehnköpfigen schwedischen Formation Angles 10 rund um den Alt-Saxofonisten Martin Küchen mit kollektiven Improvisationen für akustischen Funkenflug sorgte.

„Future-Folk“

Poetische Sensibilität bewies der Gitarrist Brandon Ross mit seinem Quartett beim Projekt „Blazing Beauty“: Das besteht aus Songs von fragiler Zartheit, aber auch Stücken, die ihre Kraft aus elektrischen Powerpassagen beziehen.

Überaus originell, lyrisch und melodienverliebt gab sich auch das holländisch-senegalesische Trio um Ernst Reijseger mit „Down Deep“. Das Cello zur Stimme von Mola Sylla, umspielt und eingebettet in Harmen Fraanjes Klavierspiel, ist schon etwas Besonderes, wozu die Etikette Weltmusik nur mehr bedingt passt.

Und Christian Lillinger, der junge Schlagzeuger aus Berlin, war bei „Second Reason“ mit dem virtuosen Christopher Dell am Vibrafon auf der Suche nach dem Lyrischen im freien Jazz, der aber kein harter Free Jazz ist. Eher ein traumverlorenes Klanggewölbe. Um wegzudriften. In sich zu gehen. Und drin zu bleiben.

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