Jan Fabre: Schlaflos in Belgisch-Kongo

Jan Fabre: Schlaflos in Belgisch-Kongo
Insektenflügel, Glasaugen und gekreuzigte Tiere: Die Galerie Mauroner stellt zwei verstörende neue Werkserien des belgischen Künstler-Multitalents Jan Fabre vor.

Jan Fabre schläft pro Tag nur drei Stunden. Dieser Lebensrhythmus erklärt zum Teil die ungeheure Produktivität des 1958 geborenen Belgiers: Er choreografiert (zuletzt für ImpulsTanz Wien), zeichnet riesige Papierflächen mit Kugelschreiber voll oder schafft Mosaike aus so seltsamen Materialien wie den grün schimmernden Flügeln des thailändischen Juwelenkäfers.

Sehendes Auge

Nun ist das wache Auge selbst zu Fabres Material geworden. Im Obergeschoss eines leerstehenden Salzburger Geschäftslokals am Waagplatz starrt es die Besucher hundertfach an: In 13 Vitrinen hat Fabre hier Wachs-Objekte platziert, die von Glasaugen überwuchert werden.

Die Objekte selbst entpuppen sich bei genauerem Hinsehen als Körperteile: Beine, Arme, aber auch Herzen und Geschlechtsorgane werden durch die Glasaugen zu gruselig anmutenden Prothesen. Das Unheimliche entsteht dabei nicht zuletzt durch die Schaukästen, die den Blick in Richtung Naturkundemuseum konditionieren und auf entzauberte Objekte vorbereiten.

Fabres Körper-Fragmente sind aber keine Lehrmaterialien: Genannt "Offering to the God of Insomnia" (etwa: "Opfergabe an den Gott der Schlaflosigkeit"), lassen sie an Votivgaben denken, mit denen sich Fromme einst für die Heilung von erkrankten Organen bedankten. Fabre macht daraus einen Symbolcocktail, der wie ein Mix aus Weihrauch und Formaldehyd zu Kopf steigt.

Dicke Luft

Die Atmosphäre wird auch im Erdgeschoß der Galerie nicht dünner: Hier holt Fabre seine Betrachter vor Käferflügel-Mosaikbilder, die abgetrennte Hände oder Schweine im Nonnenkostüm zeigen; dazwischen hängen gekreuzigte, ausgestopfte Tiere ( eine Katze, ein Hermelin, ein Fuchs) . "Tribute to Hieronymus Bosch in Congo" nennt sich die Serie, die eine zentrale Arbeit Fabres fortsetzt.

2002 hatte der Künstler den Spiegelsaal des Brüsseler Königspalastes mit Käfer-Mosaiken ausgestattet und dabei subtil auf König Leopold II. Bezug genommen: Der Regent wollte den Saal ursprünglich dem Kongo widmen, jener Kolonie, die er von 1888 bis 1908 besonders brutal ausbeutete.

In Salzburg wird die Kritik nun explizit: Fabre schließt Kolonialgräuel mit der Albtraum-Bildwelt von Hieronymus Bosch kurz; die Kruzifixe sollen pervertierte Ideale (symbolisiert durch Wappentiere) zeigen. Es braucht Hintergrundinformationen, damit sich dieses Werk erschließt – dann aber lässt es einen kaum los.

INFO: bis 8.9., Waagplatz 1, Salzburg. Bei Mauroner Wien (1010, Weihburggasse 26) sind ab 21.8. Fotos und Zeichnungen von Fabres Bühnenwerk zu sehen. www.galerie-mam.com

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