James Last: "Ich mache bis 2020 weiter!"
Wir spielen ein Konzert in Wien, das ist toll genug!“ Am 17. April wird James Last 84 Jahre alt. Aber wie er das – abgesehen von seinem Auftritt in der Wiener Stadthalle – feiern will, darüber denkt er nicht nach: „Wir sind 40 Musiker, da wird irgendwem schon etwas dazu einfallen“, erklärt er im KURIER-Interview. „Aber ich meinte das vorhin ernst: Ich freue mich wirklich sehr auf Wien. Denn bei der letzten Tour sind die Leute da abgegangen, das war unglaublich!“
Offensichtlich ist das eine gegenseitige Zuneigung. Denn am 8. April wird der Erfinder des orchestralen „Happy Sounds“ im Wiener Rathaus mit dem Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien ausgezeichnet.
KURIER: Die Tour heißt "The LAST Tour 2013 - einmal noch". Ist das tatsächlich ihre letzte Tournee?
James Last: Als der Titel an die Öffentlichkeit ging, habe ich gleich gesagt, ich mache bis 2020 weiter. Weil das ist eine schöne, runde Zahl.
Haben Sie diesmal auch wieder Songs von Lady Gaga im Programm?
Lady Gaga ist diesmal nicht dabei. Dafür aber "Try" von Pink, weil der Titel ist doch toll. Da haben wir gesagt, den machen wir. Und wir haben "Skyfall" von Adele dabei, der ist auch fantastisch.
Wie suchen Sie die aktuellen Charts-Nummern aus, die Sie für ihr Orchester arrangieren?
Sie müssen mir gefallen, müssen mir Spaß machen. Denn ich spiel das nicht einfach so runter. Ich lümmel da nicht rum, sondern muss daran Spaß haben. Und die Musiker müssen daran Spaß haben. Denn nur dann können wir das auch runter zum Publikum geben.
Sie haben von Anfang an gerne aktuelle Hits gespielt.
Ich muss dazu sagen, dass wir auch viele alte Sachen spielen. Wir haben diesmal was von Mozart und Bach dabei. Und das macht es glaube ich auch für das Publikum aus, das von hoch bis runter reicht. Dass da einer sagt, ich bringe meine vierjährige Tochter mit, die das erste Mal auf ein Konzert geht. Ich glaube, die Abwechslung im Programm ist das, was uns ausmacht.
Sicher, man muss sich ja orientieren, was los ist. Und es gibt da viele Titel, die auch vom Text her einiges sagen, wie etwa "Try" von Pink.
Lassen Sie uns über die Vergangenheit sprechen.
Das ist aber eine lange Zeit.
Ja, es könnte sein, dass wir da Stunden brauchen. Aber nur kurz: Trauern Sie der großen Zeit der Rundfunkorchester manchmal nach?
Das war langweilig für mich: Da geht man morgens um zehn hin, dann hat man eine Probe. Dann sind wir essen gegangen und am Nachmittag haben wir zwei Titel aufgenommen. Montags, dienstags, mittwochs, donnerstags, freitags - das war immer dasselbe. Und dann kamen die Beatles mit ihren großartigen Melodien auf. Und die waren so erfolgreich, weil sie alles selbst gemacht haben. Sie haben die Titel selbst geschrieben, selbst getextet, selbst die Musik gemacht und selbst den Verlag gemacht - alles in einer Hand. Die haben sich nicht reinquatschen lassen. Und das ist, was ich im Grunde immer zu jungen Leuten sage: Bleibt euch selbst treu, bleibt bei dem, was ihr fühlt, dann könnt ihr erfolgreich sein. Aber wenn man immer das macht, was andere sagen . . . Es gibt ja so viele Leute bei Plattenfirmen, die sagen mach dies und mach das, mach das so und nicht so. Da verliert man sich selbst. Und das ist jetzt so eine tolle Zeit ich, wo wir nicht mehr.... ich meine, ich gehe jetzt auf die Bühne und spiel das, was mir Spaß macht. Das ist ein tolles Leben.
Ich habe damals sehr viel gelernt. Und das war die Zeit, wo alles länger hängen blieb. Heute ist alles so schnell vorbei. Wenn heute ein Song groß wird, wenn man ihn drei oder vier Jahre lang hört, ist das schon eine sehr lange Zeit. Ich habe gerade heute Früh meiner Frau "Wien, Wien nur du allein, sollst stets die Stadt meiner Träume sein" vorgesungen. Das ist so lange hängen geblieben. Dass es so etwas nicht mehr gibt, ist schon schade. Aber jetzt kommt ja auch im Rap eine Zeit, wo sie wieder mehr Gesangsteile, mehr Melodie dazwischen haben. Früher haben die nur Text angesagt, das waren aber schon auch tolle Rhythmen, ich hab davon auch unheimlich viel gelernt.
Und Sie haben mit Fettes Brot gearbeitet.
Die sind zu mir gekommen und haben gesagt - die hatten einen Haufen Platten von mir unterm Arm, ich wusste damals gar nicht, dass ich so viele gemacht hatte. Die hatten sie alle beim Trödler gekauft und haben gesagt, da haben wir mal die Trommel und da mal den Bass runtergenmmen. Die haben sich die Sachen zusammengeflickt und dann haben sie gesagt, können wir nicht einmal etwas zusammen machen?
Und Sie waren sofort dafür?
Ja klar. Ich hab gesagt, kommt nach Florida. Da waren die begeistert. Aber die waren schon so clever . . die kamen da nicht nur zu dritt an. Die kamen zu zwölft. Zeitung dabei, Fotograf dabei, Fernsehen dabei, die haben alles mitgebracht. Meine Frau und ich kommen zum Airport, haben gedacht, wir holen drei Leute ab und dann kommt da der ganze Tross an.
Stört es Sie, dass heute die Vermarktung der Musik so wichtig ist?
Nein, das ist schön und gut so. Wenn wir uns unterhalten, bin ich Ihnen sehr dankbar, weil wir Leute brauchen, die über unsere Shows reden, dass die Leute wissen, dass es uns noch gibt. Wir sind wie gesagt 40 Musiker auf der Bühne und haben noch 40 Leute Technik, das ist ein teures Unternehmen. Und wenn wir die Presse nicht haben, könnten wir gar nicht existieren.
Sie hatten, nachdem Sie sich mit dem James Last Orchester selbstständig gemacht hatten, eine eigene TV-Show. Mittlerweile sind Musiksendungen im Fernsehen ja . . .
Die können gar keine Musik mehr aufnehmen, live wird da gar nichts mehr gespielt, das wird immer nur Playback gemacht. Für Orchester geht nichts anderes. Und das bedauere ich absolut. Wir machen Musik, die für meine Begriffe gehaltvoll ist. Und da muss sich dann auch der Regisseur halt mal die Partitur nehmen und fragen, was haben Sie sich an der und der Stelle vorgestellt? So wie das jetzt bei Carmen Nebel ist . . . da rennt einer mit einer Handkamera um das Orchester rum und das ist auch schon alles . . . das ist kein Fernsehen.
Na ja, die brauche ich nicht. Aber man muss sagen, das ist auch besser geworden. Die jungen Leute werden immer besser. Und die Shows sind besser, weil zu Anfang hat man die Leute ja nur veräppelt, das war ja furchtbar. Das war ungefähr so wie das Amateurboxen im TV, das ist auch Quatsch.
Wen von der heutigen Szene mögen Sie außer Pink noch?
Black Eyed Peas, die fand ich toll. Rihannna und Adele, die singen live und da stehen sie voll dahinter, das sind sie. Und das andere, was in Deutschland passiert, das sind Künstler, die stehen gar nicht dahinter. Die verkaufen das von der Bühne runter, könnten aber alles andere auch verkaufen. Aber Musik muss man leben.
Wenn Sie auf diese lange Karriere zurückblicken, was . . .
Ich blicke wenig zurück, ich habe noch viel vor mir.
Und wenn doch - oder auch wenn nur für mich - woran erinnern Sie sich am liebsten?
Eine ganz tolle Sache war, dass wir vor 25 Jahren das Opernhaus von Sydney eröffnet haben. Da haben sie ein deutsches Orchester eingeladen und das waren wir. Dass Elvis den Song "Fool" von mir aufgenommen hat, war toll. Dass Puff Dady ganz höflich angefragt hat, ob er etwas von mir samplen kann, das war schon auch toll, der wollte etwas mit "Fantasy", einem Instrumentalstück von mir, machen. Und dann die Konzerte in der Royal Albert Hall in London. Wir haben auf dieser Tour dort wieder zwei Konzerte. Dann haben wir 87 Mal dort gespielt. Das hat noch keiner gemacht. Gut, man muss dazu ja auch alt werden, einer mit 20 kann das nicht gemacht haben.
James Last wurde als Hans Last am 17. April 1929 in Bremen geboren. Mit zwölf begann er Klavier zu spielen und wechselte als Teenager zum Bass. Nach dem Krieg spielte er zuerst im Tanzorchester Radio Bremen und Jazz mit dem Last-Becker-Ensemble. 1955 wurde er Mitglied des NWDR-Tanzorchesters und arrangierte Hits für Helmut Zacharias und Freddy Quinn.
1965 produzierte er mit dem eigenen Orchester das erste „Non Stop Dancing“-Album. Das Konzept – alles in einem durchspielen, dazu Leute ins Studio einladen, sie mit Alkohol versorgen und die Party auf Platte hörbar machen – schlug ein. Seither hat Last über 70 Millionen Alben verkauft. Heute pendelt er mit Ehefrau Christine zwischen Wohnsitzen in Miami und Hamburg und fühlt sich super-fit, weil er lieber nach vorne als zurück schaut.
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