Jack Whites neues Album: Akustische Sanftmut nach dystopischer Wut

Jack Whites neues Album: Akustische Sanftmut nach dystopischer Wut
Mit „Entering Heaven Alive“ veröffentlicht der Gründer der White Stripes sein zweites Album in drei Monaten

Erst im April hatte Jack White sein Solo-Album „Fear Of The Dawn“ veröffentlicht. Das war eine laute Platte mit wuchtigen Gitarrenriffs, rasenden Rhythmen, wütenden Soli, experimentellen Zusammenschnitten von Samples und dystopischen Abhandlungen über die Ängste und Sorgen in Zeiten wie diesen.

Jetzt ist „Entering Heaven Alive“ erschienen – das komplette Gegenstück zum Vorgänger: Ein oft akustisches Album, das vorwiegend auf Gitarren (natürlich sind auch elektrische dabei) und Klavier aufbaut. White, der König des analogen Musikmachens, hat beide Platten während der Pandemie parallel zu einandern in seiner Heimat Nashville und in seinem Zweitwohnsitz Kalamazoo westlich seiner Geburtsstadt Detroit geschrieben. Aber obwohl er ein Fan des „White Albums“ der Beatles ist, weil das so viele unterschiedliche Stile vereint, fand er, dass es sich bei seinem neuen Material nicht ausgeht, die unterschiedlichen Stimmungen zu einem Werk zu bündeln.

Eine Verbindung gibt es trotzdem: Der letzte Song von „Entering Heaven Alive“ heißt „Taking Me Back (Gently)“ und ist der gleiche, wie der erste vom Vorgänger, der dort aber nur „Taking Me Back“ heißt. In der Gently-Version ist er mit einem swingenden Boogie-Rhythmus und einer Fidel humorvoll und fröhlich, in der Fear-Version düster und aggressiv.

Das zeigt die Bandbreite an Stilen, die der Mann, der einst mit der Band White Stripes startete, nicht nur beherrscht, sondern sich auch zu eigen machen kann und (fast) immer als Jack White erkennbar bleibt. Diese Bandbreite zeigt sich aber auch, wenn man nur „Entering Heaven Alive“ hört.

Zu Beginn dieses Albums klingt White in „A Tip From You To Me“ wie die Rolling Stones und der junge Mick Jagger in den 60ern – einer der wenigen, nicht sofort als Jack-White-Baby zu identifizierenden Song. Anderorts erinnert der 47-Jährige an die Beatles. „All Along The Way“ entwickelt sich nach einem folkigen Fingerpicking-Intro in eine Hymne mit einem Reggae-Zwischenspiel. Jazz und Funk bilden die Basis des verloren dahinstolpernden „I’ve Got You Surrounded“.

Aber bei aller Brillanz im Gestalten der Sounds ist White immer noch am besten, wenn er sich erlaubt, in einladende Melodien zu kippen, und sie nicht intellekt-getriebenen Experimenten beim Songaufbau opfert. Beispiele dafür sind Highlights wie das komödiantische Liebeslied „Queen Of The Bees“ oder „A Tree On Fire From Within“.

Auf „Entering Heaven Alive“ hat White zwar nicht immer derart gute Melodien, aber oft genug, um damit ein ansprechendes Album geschaffen zu haben.

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