Zum Austoben: Mit einem Serienmörder spielen

Der erste Krimi der Bestsellerautorin aus Chile nimmt das Genre nicht besonders ernst.

Es heißt: Suhrkamp-Verleger Siegfried Unseld versammelte alle "Hausliteraten" um sich und entschuldigte sich bei ihnen. Denn er werde die Übersetzung eines Romans herausbringen, der zwar so gar nicht ins anspruchsvolle Programm passe, aber er müsse halt auch ans Geld denken.

Das wurde verstanden.

1984 erschien "Das Geisterhaus" von Isabel Allende.

Ihr Debüt. Die Geschichte einer Familie in Chile von 1920 bis 1970, zum Teil ihre Geschichte. Ein Welterfolg. Seither gehört die Nichte des früheren Präsidenten Salvador Allende (zweiten Grades) zu Suhrkamp.

Gut ein Dutzend Romane folgte, und wenn auch die Kritik oft Tiefe vermisste, so wurde die Höhe von 60 Millionen verkauften Büchern erreicht.

Im Turnsaal

72 Jahre wird sie in wenigen Tagen alt und hat das Krimi-Genre entdeckt. Es ist nicht ihres. Sie will ja auch gar nicht, dass es zu ihr gut passt.

Zum Austoben: Mit einem Serienmörder spielen
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Am 4. August kommt "Amandas Suche" in die Buchhandlungen.

Weil ihr skandinavische Krimis von Stieg Larsson und Jo Nesbø zwar gefallen, aber zu gewalttätig sind, hat sie es netter und ironischer angelegt. Wiewohl bei ihr gleich auf den ersten Seiten im Turnsaal einer Schule ein toter Mann mit heruntergezogener Hose hängt, den Griff eines Baseballschlägers im nackten Hintern.

Aber das tut nicht weh (beim Lesen). Das funktioniert wie ein Spiel. Es hat etwas von "Emil und die Detektive", unserer Zeit entsprechend.

"Amandas Suche" will dem Rollenspiel ähneln, in dem Jack the Ripper ausgeforscht werden soll. Allerdings nicht im London 1888, sondern in San Francisco 2012.

Die Ausgangsposition: Eine bekannte TV-Astrologin prophezeit ihrer Stadt ein Blutbad.

Die 17-jährige Polizistentochter Amanda, deren Mutter später auch noch entführt wird, bildet mit ihrem Großvater den Kern des Teams. Der alte Mann ist eindeutig die beste, lebendigste Spielfigur. Bestimmt hat Isabel Allende beim Schreiben an ihren eigenen Großvater gedacht.

Im Keller

Amanda ist vor allem klug. Sie sortiert Menschen nach ihrem Geruch. Wer nach Hund riecht, hat bei ihr schon gewonnen: der beste Geruch der Welt, wie man spätestens nach 450 Seiten merken wird. (Sie selbst riecht nach Essig.)

Gemeinsam mit jungen Leuten aus aller Welt, übers Internet verbunden, wird Polizei gespielt.

Isabel Allende mordet in Serie, bis ihr der Spaß daran vergangen ist und weitere Leichen keinen Sinn mehr machen. Dann darf ein Navy SEAL die entscheidenden Spielzüge setzen.

Der Roman wandert in den Keller: "Im Infrarotlicht waren ein Loch und die ersten Stufen einer verborgenen, rostzerfressenen Eisentreppe zu erkennen, die hinunter in den Luftschutzraum führte."

Isabel Allende will keinen zweiten Krimi schreiben. Sie hat sich offensichtlich zur Genüge ausgetobt.

KURIER-Wertung:

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