Jennifer Lee musste lange grübeln, dann kam die zündende Idee: „Die Kraft des Wünschens – das ist das große Disney-Vermächtnis. Und genau darum geht es auch in ,Wish’: Einen Wunsch zu haben und ihn sich zu erfüllen. Als das klar wurde, waren wir alle ganz begeistert!“
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Begeisternd oder nicht, die etwas sonderbare Story von „Wish“ geht folgendermaßen: In einem magischen Königreich namens Rosas lebt der gütige Herrscher Magnifico. Er lädt die Menschen von überall auf der Welt ein, nach Rosas zu emigrieren, und verspricht ihnen, ihre Wünsche zu beschützen. Wer einen Wunsch hat, flüstert ihn dem König ins Ohr, und der sichert ihm zu, ihn zu erfüllen – oder auch nicht. Kaum hat der Betreffende seinen Wunsch ausgesprochen, vergisst er ihn – und geht von da an sediert durchs Leben.
Als die 17-jährige Asha wegen eines Job-Interviews beim König vorspricht, erkennt sie seine bösen Absichten: Magnifico raubt seinen Untertanen ihre Wünsche, um sie besser beherrschen zu können. Asha flüchtet und trifft auf einen vom Himmel gefallenen Stern, der sie von nun an begleitet. Er hat die Kraft, den Menschen ihre Wünsche zurückzugeben – und er bringt Tiere und Pflanzen zum Sprechen, Singen und Tanzen.
Oscarpreisträgerin
„Uns waren vor allem zwei Botschaften wichtig“, betont Jennifer Lee, übrigens für ihre Arbeit als Regisseurin und Drehbuchautorin von Disneys Hit-Musical „Die Eiskönigin – Völlig unverfroren“, mit einem Oscar ausgezeichnet: „Jeder Wunsch zählt. Egal wie alt man ist, sollte man nie aufhören, seinem Herzen zu folgen. Wichtig ist, dass man nicht einfach nur auf die Erfüllung seines Wunsches wartet, sondern selbst aktiv wird und handelt.“
Aber das ist nur der erste Teil von Disneys weihnachtlicher Frohbotschaft: „Was uns auch noch ganz besonders wichtig war: Wir können und sollen einander unterstützen. Je mehr wir zusammenhalten, desto stärker sind wir. Asha will ihren Leuten und ihrer Community helfen – und am Ende wird ihr von der Community geholfen. Das ist ein besonders schöner Aspekt der Geschichte.“
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Bloß keine Politik
Aktuelle politische Anspielungen, etwa auf demokratiefeindliche Tendenzen in westlichen Konsumgesellschaften, wie sie der autoritäre Menschenverführer Magnifico verkörpert, werden von den Disney-Beauftragten eilig abgewehrt: „Ich finde jede Interpretation unseres Films spannend“, versichert Jennifer Lee mit nervösem Lachen: „Aber wir wollten keine spezifische politische Aussage treffen.“
„Wir erzählen ein klassisches Märchen“, bekräftigt auch Fawn Veerasunthorn, die gemeinsam mit Chris Buck bei „Wish“ Regie führte: „Der Kampf zwischen Gut und Böse steht im Mittelpunkt.“ Tatsächlich hat es schon länger im Disney-Universum keinen „typischen“ Bösewicht mehr gegeben. „Ich arbeite jetzt seit 13 Jahren für Disney und wir bemühen uns, immer etwas Neues zu machen“, beteuert Jennifer Lee: „Der maßgebliche Bösewicht in ,Eiskönigin’ war beispielsweise die Angst. Heutzutage sind die Schurken oft nicht gleich zu erkennen. Mit Magnifico wollten wir uns vor den klassischen Disney-Übeltätern verneigen, sie aber gleichzeitig für die Gegenwart adaptieren. Insofern haben wir ihn nicht einfach als Bösewicht eingeführt, sondern von seiner Kindheit erzählt und davon, wie er zu dem wurde, der er jetzt ist.“
Bösewicht in Giftgrün
Ähnlichkeiten mit klassischen Disney-Schurken ließen sich vor allem auch stilistisch finden, fügt „Wish“-Regisseur Chris Buck hinzu, der – gemeinsam mit Jennifer Lee – ebenfalls für „Die Eiskönigin“ einen Oscar erhalten hat: „In Magnifico lassen sich typische Merkmale erkennen, etwa das magische Giftgrün, das ihn umgibt.“
Überhaupt habe man sich darum bemüht, Disneys „wunderschönen Wasserfarben-Look“, wie man ihn etwa aus Evergreens wie „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ (1937) oder „Pinocchio“ (1940) kennt, „mit dem neuesten Stand der Computertechnologie zu kombinieren“, erzählt Chris Buck: „Dadurch konnten wir das Publikum mitten in die prächtigen Illustrationen hineinziehen. Gleichzeitig war es uns wichtig, das Gefühl von handgezeichneter Animation beizubehalten. Der Mix war eine große Herausforderung und eine große Freude für uns.“
Die größte Herausforderung aber bestand darin, herauszufinden, welche Eigenschaften der kleine Stern haben sollte, der vom Himmel fällt, erinnert sich Jennifer Lee: „Die einfachste Figur war die Schwierigste.“
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