Kurt Vile: Magische Stunden für intensive Gefühle

Psychedelic-Folk-Rocker Kurt Vile erklärt, warum er sich für seine neue CD in die Wüste zurückgezogen hat.

Wenn in der Wüste die Temperatur plötzlich um zehn oder fünfzehn Grad sinkt, eine leichte Brise einsetzt und der Sonnenuntergang beginnt – das ist die magische Stunde."

Psychedelic-Folk-Rocker Kurt Vile hat sie genützt, um sich zu seinem neuen Album "b’lieve i’m goin down . . ." inspirieren zu lassen. Sein sechstes Album hat der Amerikaner nämlich hauptsächlich im "Rancho De La Luna"-Studio im Joshua Tree Nationalpark östlich von Los Angeles aufgenommen.

"Schon während des Tages ist die karge Landschaft dort einfach wunderschön", erklärt der 35-Jährige, der mit der Indie-Band The War On Drugs startete, im Interview mit dem KURIER. "Da kann es aber schon sehr heiß werden. Und durch die Stille und die Abgeschiedenheit wird man schnell introspektiv. Für jemanden wie mich kann das schon anstrengend sein. Aber dann bekommt man jeden Abend diese magische Stunde geschenkt, in der man regenerieren kann."

Außenseiter

Mit "jemand wie mich" meint Vile seine Außenseiterrolle und die damit verbundenen Selbstzweifel. Die scheinen mit den Aufnahmen aber weitgehend verflogen zu sein.

Denn für Vile enthält "b’lieve i’m goin down . . ." seine bisher besten Songs. Und nicht nur für ihn. Wer "Wheelhouse" hört, wo Vile eine sanfte Gitarre mit geisterhaften Tönen und seiner resignierten Stimme paart, oder das selbstironische "Pretty Pimpin" und das auf einem swingenden Klavier basierende "Lost My Head There", wird ihm recht geben. Das Ziel, das "ursprüngliche Gefühl der Songs" einzufangen, hat er mühelos erreicht.

Dafür musste sich Vile aber erst von der bisherigen Arbeitsweise verabschieden: "Ich hatte keinen Produzenten und Tontechniker, sondern habe alles alleine gemacht. Denn ich wollte ich selbst sein können – ohne dass ich nervös bin, weil ein Haufen Leute rumsteht und darauf wartet, dass ich den Song, den ich auf meiner Couch geschrieben habe, mit genau dieser Intensität wiederhole. In dieser Situation ist das dann aber mehr das Vorführen des Songs, eine Erinnerung an das Gefühl, aber kein Erleben."

Seit der Musiker aus Philadelphia mit 14 von seinem Vater ein Banjo geschenkt bekam, sagt er, wolle er diese Intensität einfangen. Gleich damals – obwohl er lieber eine Gitarre gehabt hätte und deshalb das Banjo wie eine Gitarre spielte – begann er auch Songs zu schreiben. Nach der Schule arbeitete er als Gabelstapler-Fahrer, während er abends an seiner Musik arbeitete.

2005 gründete er mit Adam Granduciel The War On Drugs, blieb aber nur für ein Album dabei. Eine Trennung ohne jeden Streit, wie er betont: "Wir sind nach wie vor beste Freunde und wann immer es geht, treten wir auch noch gemeinsam auf", sagt Vile. "Aber zur gleichen Zeit wie das War-On-Drugs-Debüt erschien dann auch endlich mein erstes Solo-Album. Da wollte ich mich darauf konzentrieren, denn das war schon immer mein Ziel gewesen."

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