Interview: Langwieriger Kampf ums geistige Eigentum

Plakat des Wiener Odeon-Theaters, gestaltet von Brad Holland
Der US-Illustrator Brad Holland befürchtet einen hoch ansteckenden Urheberrechts-Virus.

Das Bild, das 2013 für das Plakat zu "Paradiso", der Produktion zum 25-Jahr-Jubiläum des Wiener Odeon-Theaters, entstand, hält Brad Holland für sein bestes überhaupt. Erwin Piplits, Gründer und Direktor des Serapions Ensembles, hatte es aus zwölf Entwürfen sofort ausgewählt. "Wir denken entlang ähnlicher Linien", sagt der 72-jährige Illustrator. Er gestaltet seit den frühen 1990ern die Odeon-Plakate, seinen geistesverwandten Kunden in Wien aber traf er erst im heurigen Sommer persönlich.

Legende seiner Zunft

Brad Holland ist in den USA eine Legende seiner Zunft: Ab 1967 gestaltete der in Ohio geborene Autodidakt regelmäßig Illustrationen für den Playboy, später für die Meinungsseite der New York Times, die ihn 1976 auch für den Pulitzer-Preis vorschlug. Magazin-Covers und Illustrationen für den New Yorker, Vanity Fair oder das Magazin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung machen Hollands Werk ebenso aus wie Plattencover, etwa für Billy Joels Album "The Bridge" (1986).

Dunkle Bedrohung

Mit der Ausdünnung des Feldes zahlungskräftiger Magazine und der Ausbreitung einer "Gratiskultur" im Internet hat Holland in den vergangenen Jahren allerdings einen neuen Beruf erlernt: Er gehört zu den Wortführern jener Künstler, die in den USA für die Rechte und die Abgeltung von Urhebern eintreten.

In dieser Funktion sieht Holland gerade eine große Gefahr heraufziehen: "Die US-Regierung ist dabei, ein völlig neues Urheberrechtsgesetz zu verabschieden, das zu einem Urheberrechts-Virus mutieren und alle Urheberrechte der Welt infizieren könnte", warnt er.

Die dunkle Bedrohung, die seit Kurzem als Gesetzesentwurf vorliegt, ist ein neuer Anlauf der US-Regierung, das Problem sogenannter "verwaister" Werke in den Griff zu bekommen: Es geht um Bilder, Texte und andere Kreationen, bei denen ein aufrechter Urheberrechtsschutz besteht, ohne dass die Rechteinhaber eruiert werden können.

Die Nutzung solcher Werke soll durch das neue US-Gesetz auf eine legale Basis gestellt werden; im Fall, dass der Rechteinhaber doch noch Ansprüche stellt, will man die Kompensation limitieren.

Kommerzieller Kontext

"Jemand in den USA müsste nur sagen, dass er eine ,ausreichend sorgfältige Suche‘ durchgeführt und Sie oder mich nicht gefunden hätte", erklärt Holland. "Dann könnte er meine Bilder oder Ihre Texte verwenden, und zwar auch im kommerziellen Kontext. Wenn man als Autor dahinterkäme, dass das eigene Werk verwendet wurde, müsste man den Urheberrechtsverletzer in den USA aufspüren und einen Prozess bei einem US-Gericht führen." Holland und seine Mitstreiter hatten mit ihrem Lobbying bereits zwei Mal – 2006 und 2008 – dazu beigetragen, ein ähnlich gelagertes Gesetz zu verhindern. Danach kam der zähe Prozess zwischen Autorenvertretern und Google um das "Google Book Search"-Projekt. Die Gerichtsurteile dazu verlangten ebenfalls nach klareren legalen Rahmenbedingungen für "verwaiste Werke".

Neue Perspektive

Brad Holland sieht nun eher die Verwerter à la Google und nicht die Autoren von der aktuellen Gesetzgebung begünstigt: "Der Hintergrund ist die postmoderne Philosophie – da gibt es keinen Autor, da gehört ein Werk dem Zeitgeist und sollte verfügbar sein", sagt er.

"In den kommenden 18 Monaten steht diese Sache auf des Messers Schneide. Dann bekommen wir einen neuen Präsidenten – und möglicherweise eine neue Perspektive auf geistiges Eigentum."

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