Instagram-Star D-Nice: Obamas DJ machte Party für 160.000 Corona-Einsame
Ein Treffen – via Zoom – mit D-Nice, der in finsteren Zeiten mit guter Laune und Sounds aus der Küche für „Quarantäne-Tanzpartys“ zum Instagram-Shootingstar wurde.
Am 16. März machte Derrick Jones – besser bekannt als DJ D-Nice – das, was er immer macht: Er DJte eine Tanzparty. Nur war schon Corona-Lockdown und diese Tanzparty, die er Homeschooling-Party nannte, virtuell. Von seinen damals 180.000 Followers auf Instagram schauten Tausende rein und tanzten mit. Und verbreiteten die Nachricht, dass da einer von seiner Küche aus gute Laune verbreitet in diesen düsteren Zeiten. Am nächsten Tag waren es Tausende mehr, und am Samstag, 21. 3., schrieb D-Nice Geschichte: weit mehr als 100.000 schalteten sich zu. Die Tanzparty – in „Club Quarantine“ umgetauft – findet seither mindestens drei- bis viermal die Woche statt.
KURIER: Derrick, wo sind Sie derzeit?
Derrick Jones: In meinem Apartment in einem Hochhaus Downtown L. A. Ich bin vor knapp einem Jahr hierhergezogen, mitten in einer Midlife-Crisis, weil ich im Juni 50 werde und eine Veränderung brauchte. Ich bin ursprünglich New Yorker. Ich bin normalerweise nie länger als zwei Tage zu Hause, weil ich für meine Gigs so viel reise. Das hier ist also eine große Umstellung. Und ich muss ich mich nun um die Inneneinrichtung kümmern!
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, diese Online-Party ins Leben zu rufen?
Ich war hier in meiner Küche mit dem schönen Ausblick über die Stadt und ich war einsam. Ich bin es nicht gewöhnt, so lange allein zu sein. Also habe ich mich eingeloggt und begonnen, von meinem Handy Musik zu spielen. Es war simpel und es war sicher und es war anfangs nur für mich. 200 Leute haben sich dazu geschaltet, dann 2.000 und jeden Tag wurden es mehr. Und dann ist es explodiert, über 100.000.
Das war in dem neunstündigen Set am Samstag. Wie war dieser Sonntagmorgen, als Sie aufgewacht sind und auf einmal über Nacht 2,3 Millionen Follower hatten?
Ich konnte nach diesem High ohnehin nicht richtig schlafen. Diddy rief mich um zwei Uhr früh an und sagte: „Alter, du hast gerade Geschichte geschrieben.“ Als ich dann aufstand und die Zahlen sah, war ich sehr emotional. Denn als ich mit diesen Live-Jams begann, tat ich es für mich. Weil ich mich einsam fühlte. Und auf einmal fühlten alle mit. Was ich machte, fand weltweit einen Nachhall. Jeder war in derselben Vibration. Am Montag war plötzlich ein Bericht über mich auf „Good Morning America“. Ich bin seit mehr als 30 Jahren in der Musikindustrie. Ich hatte große Erfolge, entdeckte und produzierte Talente, arbeitete mit den ganz Großen. Aber nichts fühlte sich so an wie das. Und es war eine ganz neue Art von Erfolg. Zum ersten Mal war mir klar, dass Musik Therapie ist. Nicht nur für mich, sondern für alle. Dass ich die Chance habe, etwas wirklich Positives für die Welt beizutragen. Und ich nehme das nicht auf die leichte Schulter. Ich weiß, wie wunderbar und zauberhaft und was für ein Geschenk es für mich ist.
Sie spielen ganz verschiedene Sets in allen Genres. Was hat Ihren musikalischen Geschmack geprägt?
Der erste Song, den ich geschrieben habe, war „You Stepped into My Life“ für Melba Moore. Das ist nicht die Art von Musik, die ich normalerweise in den Clubs spiele, denn da muss ich aufs Publikum eingehen. Hier kann ich jetzt spielen, was ich liebe. Und das sind alle Genres, nicht nur Rap und Hip-Hop. Ich stehe auf die 60s, 70s und 80s. Als ich jung war, gab es nur MTV, und ich lernte die Musik von David Bowie und Bette Midler genauso kennen wie die alten Motown-Hits. Wenn ich auflege, spiele ich Musik, die positiv ist. Negative Texte haben keinen Platz in meinen Sets.
Als Songwriter und Musikproduzent haben Sie auch Talente entdeckt, darunter Kid Rock. Der ist ein riesiger Trump-Supporter. Sind Sie noch mit ihm in Kontakt?
Selten, weil das eine schwierige Situation ist. Jedes Mal, wenn er mir ein Foto schickt, wo er in die Airforce One einsteigt, schick’ ich ihm eins zurück, wo ich mit Obama in Martha’s Vineyard bin. Ich weiß, wo ich politisch stehe, und ich verabscheue das derzeitige politische Klima in den USA.
Sie stehen auf Instagram Live oft acht Stunden vor dem Mischpult. Wie stehen Sie diese Sets durch? Was essen Sie? Wann machen Sie eine Pause?
Ich esse kleine Stücke Obst. Und ich liebe Wein, Sie haben mich sicher Rotwein nippen sehen. Ein paar meiner Freunde haben mir Essen zustellen lassen, das war nett.
Und dann haben Sie eine riesige Hutkollektion und wechseln während der langen Sets oft die Kopfbedeckung. Ist Hüte sammeln ein Hobby?
Ich begann nicht, Hüte zu tragen, weil ich cool sein wollte, sondern älter werde und mir die Haare ausgehen. Ich wollte nicht der alte DJ sein.
Wie hat Ihre Freundschaft mit den Obamas begonnen?
Das erste Mal DJte ich für sie bei der 1. Angelobung 2008, aber es war nur eine Party und nicht der offizielle Ball. Das kam 2012 bei der 2. Angelobung. Dann spielte ich seine vorletzte Party im Weißen Haus, war nervös und blieb mit meiner Musikwahl auf Nummer sicher. Spielte Madonna und Michael Jackson. Es war langweilig. Naomi Campbell, die eine gute Freundin ist, kam zu mir und fragte mich, warum ich nicht einfach ich selbst bin. Dann legte ich richtig auf und alle begannen, wie verrückt zu tanzen. Danach spielte ich auf Malias 21. Geburtstagsparty und allen Buch-Events von Michelle. Es ist schön, dass sie, die ehemalige First Lady und er, der ehemalige Präsident, wissen, wer ich bin. Das macht mich sehr demütig.
Benützen Sie Ihre Position als politische Plattform?
Das ist eine Gratwanderung. Viele wollen, dass ich nur Musik spiele, aber ich bin mir meiner Plattform bewusst, und deshalb machte ich eine Woche nach dem großen Durchbruch einen Online-Jam mit Michelle Obama für Wahlregistrierung. Denn die Leute zum Wählen zu bringen, ist das Allerwichtigste. Danach kam ein Jam mit Diddy, um Geld für Ärzte und das medizinische Personal zu sammeln. Und ich kreierte T-Shirts mit Will Smith, ebenfalls, um den Menschen an der Front der Pandemie zu helfen.
Wie geht es nun weiter für Sie? Sie haben vermutlich unglaubliche Angebote.
Ja, und das ist Wahnsinn. In den ersten Wochen wollte ich nicht über Geschäfte reden. Die haben mir alles angeboten, Deals mit Pepsi, mit Nike. Aber ich wollte mich nicht damit beschäftigen, denn ich habe das alles aus Liebe begonnen. Und so spielte ich wochenlang einfach nur weiter Musik. Danach drehte ich eine Apple-Kampagne und ein Public Service-Video. Wenn das alles vorbei ist, werde ich nie wieder auf dieselbe Art Musik spielen wie vorher. Ich kann es mir gar nicht vorstellen, in einem Nachtklub aufzulegen. Ich mag, dass mir jetzt ganze Familien zuhören, dass da Kinder und Eltern und Großeltern am anderen Ende des Handys sind. Ich würde gern genau mit diesem Vibe auf Tournee gehen. Musik für alle. Untertags, nicht mitten in der Nacht. In Amphitheatern, nicht in Las Vegas. Nichts gegen Vegas, aber das brauche ich alles nicht mehr. Und ich werde weiter nur die Musik auflegen, die mir gefällt. Total authentisch bleiben. Ich habe in den letzten Monaten keinen einzigen Song gespielt, den ich nicht liebe. Und ich will, was ich bisher nur online machen kann, gern mit einer Live-Tournee durch die ganze Welt tragen.
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