In Vea Kaisers drittem Roman sitzt der tote Onkel Willi im Auto

In Vea Kaisers drittem Roman sitzt der tote Onkel Willi im Auto
Ihr – ist ja logisch – neuer Bestseller "Rückwärtswalzer" führt 1000 km von Wien-Liesing nach Montenegro.

Man kann damit aufhören, in den Büchern der gebürtigen St. Pöltnerin Vea Kaiser Falltüren zu suchen. Es ist nicht jeder Roman dazu da, dass man stürzt und schreit ... und als besserer Mensch wieder auf die Welt kommt.
Der Onkel Willi ist tot.
Ist das etwa nichts?
Sein letzter Wunsch muss erfüllt werden, zur Schwester zog es ihn, sie fürchtet sich im Dunkeln – auf dem  Friedhof seines Geburtsortes in Montenegro will er neben ihr begraben werden.

Paniert

Willi war der Mann von Tante Hedi. Die beiden wohnten in Liesing, und meistens wohnten dort auch  Hedis Schwestern Mirl und Wetti.
Willi störte  nicht. Fein.
Zuletzt wohnte auch Lorenz, der Neffe, bei Tanten und Onkel. Ein Schauspieler ohne Engagement. Seine Freundin verließ ihn. Macht nichts: Wer Probleme hatte, flüchtete in den Schoß der anderen. Das war immer so.
Man wird viele Geschichten über sie hören und das Familiengeheimnis, das nicht jeder erfahren sollte, wird man trotzdem erfahren.
Nun kann, wer das möchte, sagen: Vea Kaisers „Rückwärtswalzer“ zeigt, was für ein  sicherer Ort gute Verwandtschaft ist. Mit ganz viel paniertem Fleisch und paniertem Gemüse. Ein Bröselhimmel zum Ersticken.

Geschminkt

Man kann gern auch ein „Aber“ dazu formulieren:
Aber so super  Willi war, sein Tod lässt neues Leben erwachen. Onkel Willis Tod zeigt,  man kann die Schutzzone durchaus  verlassen und ein bisschen Eigenverantwortung übernehmen.
So weit sind wir allerdings erst nach 400 Seiten.
Zuerst wird Willi beim Fleischhauer gegenüber tiefgefroren. Der macht das gern, er steht sich’s auf Hedi. Dann Kappe, Sonnenbrille, Schminke. Ein Leichentransport im Privatauto ist billiger als der offizielle Weg.  Los geht’s zur Bucht von Kotor.
So in der Art: Der noch nicht Hundertjährige (aber schon Tote), der auf dem Beifahrersitz  1000 km bis in sein Grab gebracht wird.
Die Tanten essen derweilen hinten Wurstsemmeln.
Vea Kaisers potenzieller dritter Bestseller, nach „Blasmusikpop“ (2012) und „Makarionissi“ (2015): Gar nichts muss man dazu sagen außer: Gute Unterhaltung ist das. Vea Kaiser scheut auch  Klamauk nicht. Glaube nicht, dass sich der Zoll   so leicht täuschen lässt wie manch Leser.


Vea Kaiser:
„Rückwärts-
walzer“
Kiepenheuer &
Witsch Verlag.
448 Seiten.
22,70 Euro.

Vea Kaiser ist Kolumnistin in der KURIER-freizeit. Keine Wertung für KURIER-Mitarbeiter

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