In Italiens Museen wird das Rad der Zeit zurückgedreht
Cecilie Hollberg hat Michelangelos David-Skulptur umsorgt und umhegt. Sie hat das Museum, in dem eines der bekanntesten Kunstwerke der Welt steht, ins 21. Jahrhundert befördert und gegen lähmende Bürokratie gekämpft. In die Galleria Dell'Accademia in Florenz kamen in den vergangenen vier Jahren wesentlich mehr Besucher als zuvor. Doch der scheidenden populistischen Regierung in Rom gefiel ihr Vorgehen offenbar nicht. Nun wurde Hollberg entlassen. Und sie ist nicht die einzige ausländische Museumsdirektorin, die Italien verlässt.
"Es ist alles so absurd, im Juni wurde mir noch eine Verlängerung angeboten. Man hat mir keinerlei Begründung für die jetzige Entscheidung genannt", sagt die Historikerin aus Niedersachsen der Deutschen Presse-Agentur. Die Galleria soll nun mit der riesigen Gemäldegalerie der Uffizien in Florenz zusammengelegt werden. "Niemand weiß, wie und was geschehen soll." Die Regierung aus Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega habe "eine Spur der Zerstörung" hinterlassen, in dem ihrem und anderen Museen Autonomie genommen wurde.
Kulturminister Alberto Bonisoli von der Fünf-Sterne-Bewegung hielt nichts von der Reform seines sozialdemokratischen Vorgängers. Mit dieser wurden vor vier Jahren erstmals ausländische Direktoren in Italiens größten staatlichen Museen zugelassen. Eine Revolution in einem Land, in dem Ministerialbürokratie den Sprung in die Moderne oft verhindert hatte. Doch der Kunstbetrieb ist seit langem international. Die Qualität, nicht die Nationalität, soll über die Besetzung eines Posten entscheiden. Offenbar gilt das aber nicht in Italien, wo seit Sommer des vergangenen Jahres eine Regierung am Werk war, unter der Nationalismus salonfähig wurde.
"Die Töne gegen uns Ausländer sind immer rauer geworden. Wir sind nicht mehr erwünscht", sagte der Österreicher Peter Assmann, der das Museum im Palazzo Ducale in Mantua leitete. "Auf einmal heißt es überall „Italia nostra“, ,Unser Italien“", führte er im “Spiegel„ aus. Auch Assmann verlässt Italien, er geht im November nach Innsbruck. "Ich habe früh meine Antennen draußen gehabt. Man hört die Signale und die Botschaften. Italien hat einen unglaublich egoistischen Blick auf die eigene Gemeinschaft entwickelt."
Der Kunsthistoriker Eike Schmidt. Er verlässt die Uffizien in Florenz und wechselt ans Kunsthistorische Museum in Wien. Die Entscheidung hat er allerdings schon vor rund zwei Jahren gefällt - also vor dem Antritt der Populisten-Regierung.
Unklar ist nun, was mit der "Gegenreform" von Kulturminister Bonisoli passiert: Italien steckt in einer Regierungskrise. Die Allianz aus Sternen und Lega ist diese Woche geplatzt. Eine neue Regierung ist noch nicht in Sicht. Es könnte also durchaus die Gegenreform der Gegenreform geben.
Kommentare