In Guatemala müssen Detektive versagen
Das österreichische Außenministerium warnt Touristen:
"Grundsätzlich muss von der Bereitschaft zum Waffeneinsatz ohne Vorwarnung ausgegangen werden ..."
Guatemala aktuell, nach Jahrzehnten von Bürgerkrieg und 250.000 Ermordeten.
Hier wuchs Rodrigo Rey Rosa auf, hier wurde seine Mutter entführt, hier wurde er durch die Bücher des Argentiniers Jorge Luis Borges ein Leser – und ein Schriftsteller wurde er auch.
"Borges hat in mir die Sehnsucht nach Wissen geweckt – und, warum nicht, auch die Sehnsucht nach der Ewigkeit ... kombiniert mit einem für Teenager idealen Pessimismus, einem Nihilismus, der sehr lateinamerikanisch ist."
Undurchschaubar
In Guatemala gehört Gewalt zum Alltag. Wer es auf dem geraden Weg zu etwas bringen will, wird Leibwächter.
Verbrechen bleiben meist ungeklärt, die Fälle von Lynchjustiz häufen sich deshalb. Auch in Rey Rosas neuem Roman "Die Gehörlosen" schaut man weit ins Land hinein.
In Zentralamerika wird er mit Preisen ausgezeichnet. Im deutschsprachigen Raum ist Rey Rosa noch nicht angekommen. Sein Stil gilt als schlampig, als unfertig, und tatsächlich scheint er sich um seine Figuren zu wenig zu kümmern. Schlecht belichtet sind sie.
Durchaus möglich, dass der 57-Jährige genau das erreichen will. Alles soll undurchschaubar sein.
Ein junger, noch naiver Bodyguard spielt Detektiv. Von zwei Entführungen wird erzählt. Die Tochter eines Bankdirektors verschwindet. Es geht ihr gut – aber: Weiß sie, dass vom reichen Vater Lösegeld gefordert wird? Ein taubstummes Kind wird in ein Sanatorium verschleppt. Wird ihm geholfen oder werden Kinder im Namen der Forschung gequält?
Es bleibt offen. In Guatemala muss ein Detektiv versagen. Nur zwei Prozent der Morde, so Rey Rosa, werden behördlich untersucht. Von diesen zwei Prozent laden zwei, drei Fälle vor Gericht.
Und dann lässt die indigene Strafjustiz zwecks Urteil Bohnen in die Luft werfen ...
Rodrigo Rey Rosa:
„Die Gehörlosen“
Übersetzt von Anna Gentz. Septime Verlag.
286 Seiten. 22,90 Euro.
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