Im Schatten der bösen Teekanne

Im Schatten der bösen Teekanne
Ein Plädoyer: Eva Menasse macht Werbung für Heimito von Doderer, der auch ein "Gott der Literatur" ist.

Es gab eine Zeit, da hörte man den Namen Doderer immer nur in Zusammenhang mit dem Wort Kauz, und ein solcher war er ja, denn wer sonst exekutiert seine Teekanne, weil sie einige heiße Tropfen fallen ließ, oder einen Korkenzieher, weil er den Stoppel misshandelte.

Die "Leichen" ließ er stundenlang liegen, als Zusatzstrafe. Nein, das war nicht lustig gemeint von ihm.

Auch von seiner Sexualität war zu oft die Rede, die er im Gewande mittelalterlicher Hexenprozesse auslebte und dafür das putzige Wort "punzeln" erfand.

Deshalb ist das Plädoyer der Wiener Schriftstellerin Eva Menasse so wichtig. Deshalb kommt ihr schönes Buch gerade richtig, 50 Jahre nach Heimito von Doderers Tod.

Sie macht Werbung für diesen "Gott der Literatur", an dem der Nobelpreis nur knapp vorüber ging.

Wahrscheinlich bekam er ihn deshalb nicht, weil er sich als frühes NSDAP-Mitglied in scheußlicher Art um einen Karrieresprung bemühte.

Eva Menasse setzt sich leidenschaftlich dafür ein, Doderer trotzdem zu lesen, weil er sprachlich wunderschön und wahnsinnig komisch sei.

Damit übernimmt sie ein wenig die Arbeit des Germanisten Wendelin Schmidt-Dengler ( 2008), der als großer Experte den Nachlass verwaltete und meinte:

"Mir sind die Laster Doderers lieber als die Tugenden seiner Kritiker."

Lieber Slunj

Gewarnt wird der ungeübte Leser ausdrücklich davor, mit Doderers "Strudlhofstiege" zu beginnen: Der Roman sei begnadet komponiert, aber wild zwischen Zeitebenen hin- und herspringend.

Eva Menasse empfiehlt – nein, hier ist sie streng: sie BEFIEHLT, mit "Die Wasserfälle von Slunj" zu beginnen. Der perfekte Einstieg mit versunkener Monarchie. Danach der vermeintliche Krimi "Ein Mord, den jeder begeht". Dann "Die Merowinger", und jetzt erst "Die Strudlhofstiege" – wobei sich der KURIER sehr für die Ausgabe aus dem Verlag C.H. Beck einsetzt. Der Bonus ist so gut: Alle Adressen, die vorkommen, werden aufgesucht.

Eva Menasse:
Heimito von Doderer
Aus der Reihe „Leben in Bildern“
Deutscher Kunstverlag.
88 Seiten.
22,70 Euro.

Kommentare