Im finstersten Loch ist man schnell ein "Schatten"

Gioacchino Criaco
Schwarze Seelen: Anwalt Gioacchino Criaco schrieb das Buch zum Film.

Dass der Film "Anime nere" von Francesco Munzi 2014 in Venedig gezeigt wurde und gut im Rennen um den Goldenen Löwen lag, hatte sie nicht gestört.

War ja nur für Cineasten.

Aber als er ins Fernsehen kam, für alle sichtbar neben Fußballspielen, das regte mehrere Bürgermeister in Kalabrien auf.

Sie drohten dem Sender mit Klage, anstatt sich um die "Schatten" und "schwarzen Seelen" und "Kohlegeschwärzte" (tingiùti) in ihrer Umgebung zu kümmern ...

Schatten: die mit dem Gesetz oder anderen Personen in Konflikt sind;

Schwarze Seelen: wenn bereits Blut geflossen ist, aber sie vermutlich lebend davonkommen werden;

Kohlegeschwärzte: die sind schon todgeweiht.

Von Innen

"Schwarze Seelen" heißt auch der Roman, der dem mit Preisen überhäuften Film zugrunde liegt. Das ist sein Verdienst: Er bereitete den Weg.

Der Film ist etwas anders, besser ist er, weil wirkungsvoller, aufrüttelnder in seiner Farbe, schwarz wie die Särge.

Geschrieben hat das Buch Rechtsanwalt Gioacchino Criaco, der im Dorf Africo aufwuchs: dem finstersten Loch Italiens. Er erzählt demnach "von Innen". Er erzählt, um vielleicht das eine oder andere Kind zu retten.

Criacos Vater wurde umgebracht, sein Bruder war einer der meistgesuchten Verbrecher Italiens, er ist in Haft.

"Schwarze Seelen" zeigt drei junge Männer, die die Menschlichkeit verlassen haben, um die Armut hinter sich zu lassen. Der Irrtum, bis zu einem gewissen Punkt nachvollziehbar, beginnt, als sie Hirtenbuben sind und in Höhlen für die Mafia "Schweine" verstecken.

Schweine: Entführungsopfer, so genannt, weil sie zwar ungeliebt waren (nur Ziegen zählen am Berg), aber wichtig fürs finanzielle Auskommen der Familien.

Bald stehen Richtung Mailand – Richtung Drogen – weinende Mütter und Schwestern am Weg, Schießpulver liegt in der Luft, und Ermordete machen die Straße blutig ...

Dass es genauso abläuft, glaubt man Criaco. Nein? Doch, doch.

Gioacchino Criaco:
„Schwarze Seelen“
Übersetzt von Karin Fleischanderl.
Folio Verlag.
280 Seiten.
22,90 Euro.

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