Sie argumentierte wie alle anderen, die auf das Hörensagen vertrauen. Daher, kurz noch einmal: Handke hatte bereits vor den Sezessionskriegen seine Liebe zu Serbien entdeckt. Da gab es noch keinen Slobodan Miloševic. Und er beklagte den Zerfall von Jugoslawien. Missverstanden steigerte er sich in eine kindische Trotzhaltung hinein: Er betrauerte das tote Jugoslawien – auch am offenen Grab des Diktators.
Das kann man unmöglich, ja zynisch finden. Aber Handke hat keine sechs Menschen umbringen lassen (wie Udo Proksch, der im staatlich geförderten Westlicht verehrt wird), er hat auch niemanden getötet (wie Caravaggio, dem das staatliche KHM gerade eine Schau widmet). Und nur in der Fantasie, in einem Roman, erschlägt sein Alter Ego einen Menschen: einen Neonazi, der in Salzburg Hakenkreuze sprayt.
In der Verdauung liegender Elefant
Es ist daher nachvollziehbar, dass Josef Winkler, Präsident des Kunstsenats, Lunacek attackiert. Wiewohl es natürlich nicht deren Aufgabe ist, „beherzte“ Fürsprecherin der Künstler zu sein. Sie hat deren Arbeit zu ermöglichen, das reicht eigentlich schon. Und sie sollte sich vielleicht vorab über die Tragweite ihrer Statements klar sein.
1868 pflichtete Kaiser Franz Joseph dem Volk bei, das die neue Hofoper u.a. mit einem „in der Verdauung liegenden Elefanten“ verglich. Eduard van der Nüll, einer der beiden Architekten, erhängte sich wenig später. Wohl weil er schwer krank war. Der Kaiser aber sagte fortan immer nur: „Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut.“ Wäre Winkler diese Antwort tatsächlich lieber gewesen? Oder sollten wir nicht eher froh sein, dass jemand „beherzt“ seine Meinung äußert? Auch wenn diese manchem ganz und gar nicht passt.
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