Hozier in Wien: Anspruchsvoller Rock für das größte Publikum seiner Karriere

Hozier in Wien: Anspruchsvoller Rock für das größte Publikum seiner Karriere
Der Ire konnte in der Stadthalle nach einem wuchtigen Beginn mit komplexen Sounds und Hits wie "Take Me To Church" begeistern.

Hozier steht in einem einsamen Scheinwerferkegel auf der sonst stockdunklen Bühne der Wiener Stadthalle und 13.500 Besucher brechen in Jubelgekreische aus. Tatsächlich ist der Mann, der 2013 mit dem Superhit „Take Me To Church“ aus seinem Debütalbum weltweit berühmt wurde, hier offenbar noch ein ganzes Stück beliebter als im Rest der Welt. „Das ist das größte Publikum, für das ich je gespielt habe“, wird er die Wiener später wissen lassen.

Aber erst einmal beginnt der Ire mit einigen Songs aus seinem jüngsten Album „Unreal Unearth“, singt bei „De Selby“ die ersten Töne alleine zur Akustikgitarre. Nach und nach kommen die Musiker der Band dazu, unterfüttern das mit schwebend-mystischen Klängen, bevor sie in massiven Rock übergehen.

Acht hervorragende Mitmusiker hat der als Andrew Hozier-Byrne geborene 33-Jährige mitgebracht. Viele spielen mehrere Instrumente, können damit dem vielschichtigen Sound ihres Chefs, der Rock, Blues, Folk und Gospel fusioniert, gerecht werden. Oder besser könnten. Denn zu Beginn der Show, die von edlen optischen Effekten auf  der LED-Wand hinter der Bühne begleitet wird, ist der Sound noch nicht optimal. Diese ersten Songs werden live sowieso viel wuchtiger gespielt, als man sie von den Alben kennt. In der Stadthalle gehen in dieser Anfangsphase aber noch zusätzlich Arrangement-Feinheiten, die von Geige, Cello oder dem Piano kommen, in der Lautstärke von Bass und Gitarren unter, die zu einem kreischenden Soundbrei verschmolzen sind.

Das ändert sich nach dem ersten Drittel. Sowohl Tempo als auch Dynamik und Lautstärke werden gedrosselt - gerade rechtzeitig, bevor man von dieser Soundwalze komplett überfahren ist. Beim Blues „To Be Alone“ bittet Hozier das Publikum um Mithilfe. Natürlich bekommt er sie. Bei der melancholischen Folk-Ballade „Cherry Wine“ muss er gar nicht mehr danach fragen.

"Cherry Wine" ist einer der geradlinigeren Songs im Programm. Nicht immer folgen Hoziers Songs nämlich strikt dem Strophe-Refrain-Schema. Immer wieder werden andere Teile dazwischengeschoben, abrupte Änderungen in der Dynamik liegen unter komplexen Melodien. Die sind die perfekte Plattform für Hoziers wandelbare Stimme, die sowohl in den Höhen als auch in der Tiefe mal sanft und fragil und dann wieder mächtig und monumental klingen kann.

Mit „Almost (Sweet Music)“ schiebt Hozier gegen Ende einen fröhlich-tanzbaren Song über die Liebe zur Musik zwischen die oft dramatischen Beziehungslieder. Auch sein jüngster Hit, „Eat Your Young“, geht stimmungsmäßig in diese Richtung. 

„Take Me To Church“, ein Song, der sich gegen Homophobie wendet, jagt einem dann Schauer über den Rücken. Einerseits wegen der Euphorie des Publikums, die Hozier und seiner Band entgegenschlägt, andererseits, weil auf der LED-Wand das Video eingespielt wird, in dem ein schwules Paar von Maskierten verfolgt und misshandelt wird. 

Danach geht sofort das Saallicht an, viele eilen zum Ausgang. Aber es gibt eine Zugabe. Das Licht geht wieder aus und Hozier legt noch drei Songs drauf. Einer ist „Nina Cried Power“, den er der Jazzsängerin und Bürgerrechtsaktivistin Nina Simone und ihrem „poetischen Ausdruck der Revolution der Liebe“ gewidmet hat. Er ist genauso ein Gänsehautmoment wie der tatsächliche Schlusspunkt mit „Work Song“, dem zweiten Hit aus dem Debütalbum.

 

 

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