Geht es nach den Kinobetreibern in Österreich, ist Optimismus pur angesagt: Seit Jahresbeginn gibt es Rekordbesuche, den Kinos geht es so gut wie schon lange nicht mehr. Darüber hinaus scheint Hollywood etwas geschafft zu haben, was seit Jahren überfällig war: Die größten Blockbuster des Jahres sind endlich keine Superhelden mehr. Die Marvel-Monokultur an der Spitze der alljährlichen Kinocharts ist durchbrochen – von zwei interessanten Phänomenen. Einerseits hat endlich eine Computerspielverfilmung den erwarteten Erfolg gebracht: „Super Mario“ dominierte das erste Halbjahr. Mit 1,4 Milliarden Dollar war er aber auch lange der einzige Film, der 2023 die Milliardengrenze überspringen konnte – da war man vor der Pandemie viel besser unterwegs.
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Und dann kam Barbie: Der schlaue feministische Film war nicht nur eine Herausforderung für viele, über schnelle Vorurteile – Barbie pink und blöd! – hinwegzukommen. Sondern auch der vielleicht intelligenteste und subversivste Kinoerfolg seit Langem: „Barbie“ ist ein Phänomen, anhand dessen Sexismus und Frauenbilder in der Gesellschaft nachverhandelt werden – und das inzwischen mehr als 1,4 Milliarden Dollar eingenommen hat und damit der erfolgreichste Film des Jahres werden könnte.
Das vor allem auch, weil viele andere große Brummer abgesoffen sind. „Oppenheimer“ zählt nicht dazu, dessen Ergebnis ist mehr als respektabel. Aber anderes ging spektakulär daneben: Tom Cruise lieferte den schlechtesten Teil von „Mission: Impossible“ seit 2006, der letzte Auftritt von Harrison Ford als „Indiana Jones“ ging mit nur 378 Millionen Dollar ebenso schief und wird wie „Mission: Impossible“ zum Verlustgeschäft. Starpower alleine zieht auch schon lange nicht mehr: Robert De Niros „About My Father“ nahm geradezu miserable 18 Millionen Dollar ein. Und auch Disneys Geldmach-Methode der Neuverfilmungen beliebter Stoffe ist die Luft ausgegangen: „Arielle“ ging mit 567 Millionen Dollar im Vergleich zu früheren derartigen Unternehmungen unter.
Leinwandkampf
Dass der Film eine schwarze Hauptdarstellerin hat, sorgte für Aufregung. Das wurde aber auch Teil eines Gesamtjahresthemas: Der Kulturkampf zwischen „Links“ und „Rechts“ hat auch die Kinos erfasst. Jeder Flop der Hollywood-Großstudios wird vom rechten Rand genüsslich der angeblichen politischen Korrektheit der Filme zugesprochen, und Filme wie „Sound of Freedom“, die das sehr konservative Publikum abholen, konnten erstaunliche Erfolge verbuchen.
Alles in allem eine unangenehme Situation für die Studios: Sie müssen sich von bekannten Franchises verabschieden, ein klarer Weg in eine lukrative Zukunft zeichnet sich nicht ab. Und die anspruchsvolleren Filme haben es nach wie vor schwer – immer noch braucht es gute Argumente, um die Besucher von der Couch ins Kino zu locken. Das findet sich eher in großer Action als feiner Klinge.
Zugleich kriselt das Serien-TV – und damit der Markt für Schauspieler und Autoren, was den Streik verlängern könnte. Venedig ist der Auftakt einer langen Reise.
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