Hier gibt es immerhin Brekkies für den Sex

Man darf sich heute nicht mehr ausprobieren: Doris Knecht
Der neue Roman von Doris Knecht: "Wald". Eine gefallene Unternehmerin steht auf.

Früher bekam Marianne (die sich Marian nennt, klingt spannender) für einen Blowjob keine Brekkies für ihre Katzen und kein Brennholz. Heute schon. Hat sie sich’s verbessert?

Es ist ein dichter "Wald", den die KURIER-Kolumnistin in ihrem dritten Roman durchstreift. Sehr intensiv. Auch Männer werden sich (gern) zurechtfinden.

Marian war Modedesignerin. Edelstahl-Saftpresse, 300-Euro-Antifaltencreme und so. In Sparzeiten ging ihr Unternehmen krachen. Jetzt sitzt sie im geerbten Häuschen in einem Dorf. Friert. Stiehlt Kukuruz und Hühner. Fischt. Wildert. Will respektiert werden.

Starkes Frauenporträt einer starken Frau, die noch stärker wird.

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KURIER: Darf man den Roman auch als Abgesang auf eine Zeit lesen, in der noch mehr möglich war?

Doris Knecht: Ja, das kann man. Ich glaube, die Jungen haben es heute wirklich nicht leicht: Wir – oder ich – bin zu einer Zeit erwachsen geworden, als manche Dinge und Routinen noch einigermaßen verlässlich waren, wo das eine noch relativ sicher zum anderen führte: Gute Ausbildung – gute Zukunft. Fleiß, Tüchtigkeit, Ausdauer – Erfolg. Und, zumindest in den kreativen Berufen: Man durfte sich ausprobieren. Das ist heute, glaube ich, nicht mehr so.

Hier gibt es immerhin Brekkies für den Sex
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Ihre Marian findet es immerhin angenehm, dass sie auf dem Land vom Großbauern für Sex wenigstens Brekkies bekommt und Holz und Eier. Ihre Männer in der Stadt waren vielleicht schöngeistig und schön, aber keine Kümmerer ...

Marian muss sich eingestehen, dass jede Beziehung, beginnt sie auch noch so romantisch, auch ein Handel ist: Man gibt etwas, man bekommt etwas, man lässt sich von dem leiten, was man gerade braucht. Idealerweise ist dieser Deal in amouröses Glitzerpapier gewickelt, aber manchmal reißt es ab. Dann wird meist Moral ein Thema.

Im vorangegangenen Roman "Besser" war die damalige Hauptfigur reich, aber unglücklich, weil sie im falschen Leben steckte. Lernen wir jetzt, mit Marian, endlich das richtige Leben kennen?

Existiert etwas derartiges wie ein "richtiges" Leben? Marian stellt halt fest, dass man manchmal die Paradigmen mit den Parametern ändern muss; dass es keine gültige Moral gibt, dass neue Situationen andere Talente erfordern, die man entweder in sich ausgraben oder sich aneignen muss. Wenn man das erkennt und schafft, wird das Leben zumindest einfacher.

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Dass Luxus nicht unbedingt frei und glücklich macht, weiß man zwar eh, aber mit so viel Stil will man es immer wieder hören.

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