"Hexe mit dem Gesicht einer Heiligen"

"Hexe mit dem Gesicht einer Heiligen"
Buhlschaft Brigitte Hobmeier gibt ab kommendem Sommer in Salzburg "Jedermanns" Gespielin.

Das müsse sie sich dann noch erklären lassen, sagt Brigitte Hobmeier. Und meint den Nimbus, die Bedeutung, die Aufregung. Die Buhlschaft. In Salzburg. Die wichtigste kleine Rolle der Welt. In Österreich – eh klar. In München – naja.

Von den Gestaden der Isar kommt die neue "Jedermann"-Gespielin nämlich an die Salzach. Ab kommendem Sommer wird sie auf dem Domplatz dem reichen Mann den Weisel geben, bevor sich sein Spiel dem Sterben nähert. Salzburg-Erfahrung hat das Ensemblemitglied der Münchner Kammerspiele bereits heuer gesammelt. In Händl Klaus’ musiktheatralischem Werk "Meine Bienen. Eine Schneise" verkörperte sie eine Art Waldwesen, das ihre Mitspieler André Jung und Stefan Kurt ins Verderben lockte.

Das "Weib" an sich

Als "Herzstück der Inszenierung" lobte sie die KURIER-Kritik: "Eine Lügnerin und Verführerin, eine Hexe mit dem Gesicht einer Heiligen, das ,Weib" an sich." Welche Definition wäre passender für eine Buhlschaft?

Society, Stieglbräu, Paparazzi-Schnappschüsse, das alles hat die Hobmeier also schon beobachtet. Aus dem Augenwinkel. Nun steht sie im Fokus des Interesses. Was sie sich damit eingehandelt hat, darüber denkt sie gerade nach. Bedenkzeit hatte sie sich ausgebeten, als Salzburgs Schauspielchef Sven-Eric Bechtolf fragte, ob sie seine erste Buhlschaft sein wolle. Hat es mit Familie und dem sechsjährigen Sohn besprochen – und dann zugesagt.

"Im ersten Augenblick ist man voller Freude und voller Dank über die Ehre, dass man da auserkoren wird. Und im nächsten Augenblick kommen die Fragen: Oh mein Gott, was heißt das eigentlich? Was bedeutet das? In welche Reihe reiht man sich ein", so Hobmeier zur APA.

"Im ersten Augenblick ist man voller Freude, im nächsten Augenblick kommen die Fragen." Brigitte Hobmeier Schauspielerin Die Reihe ist tatsächlich nicht nur lang, sondern auch illuster. 30 Buhlschaften bevölkerten seit 1920 den Domplatz. Die meisten nur für ein, zwei Jahre; die berühmtesten: Judith Holzmeister, Christiane Hörbiger, Senta Berger, Elisabeth Trissenaar, Maddalena Crippa. Langzeit-"Jedermann" Peter Simonischek (2002–2009) verschließ gleich vier Damen: Veronica Ferres, Nina Hoss, Marie Bäumer und Sophie von Kessel. 2010 trat das Traumpaar Nicholas Ofczarek und Birgit Minichmayr an.

Hobmeiers "Jedermann" wird Cornelius Obonya sein. Die Regie übernimmt das "Tiger Lillies" erfahrene Duo Julian Crouch und Brian Mertes. "Wir haben miteinander gesprochen, es war aber eher so ein Kennenlernen", sagt Hobmeier. "Sie wollen, glaube ich, sehr stark zurück auf die ursprüngliche Moritat." Die in den Händen der beiden – siehe die Erfolgsproduktion "Shockheaded Peter" – sicher etwas Schräg-Schrilles abbekommen wird.

Münchner Superstar

Damit hat die Hobmeier durchaus ihre Erfahrungen. In Österreich ein eher unbeschriebenes Blatt, ist die Schauspielerin in Deutschland ein Theatersuperstar. Sie war Teil von Peter Steins monumentalem "Faust"-Projekt, spielte in Thomas Ostermeiers Bühnenfassung von Fassbinders "Die Ehe der Maria Braun", ist an den Münchner Kammerspielen derzeit als "Susn" in Achternbuschs gleichnamigen Stück, als Kaiserin Elisabeth in Ivo van Hoves Visconti-Bearbeitung von "Ludwig II." zu sehen. Und in Fassbinders "Satansbraten" – eine Inszenierung, die die Nestroy-Jury als eine der besten deutschsprachigen Aufführungen nominierte.

"Ein Wahnsinnsweib", schreibt das deutsche Feuilleton über sie. Verwurzelt in einem Ort namens Ismaning. Schwer katholisch erzogen. Der Vater war Heizungsinstallateur, die Mutter hat eine Reinigung. Das Hinterzimmer der Bäckerei der Großeltern war ihr Spielplatz. Und jetzt: Spielt sie halt vor dem Dom.

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