Heroin im alten Wien

Alex Beer bzw. Daniela Larcher
Alex Beer beginnt mit "Der zweite Reiter" eine historische Wien-Krimiserie

Wer schleppt sich da durch Wien, kurz nach dem Ersten Weltkrieg, Jakob Reumann ist Bürgermeister, und trägt das Gewand eines Mordopfers aus der Asservatenkammer der Polizei – mit einem Einschussloch hinten?

Und macht tock, tock, toch, weil seine Stiefel Sohlen aus Holz haben?

Es ist Rayonsinspektor August Emmerich. Er hat eine Kriegsverletzung am Knie, Geld hat er keines, einen Platz zum Schlafen hat er auch nicht mehr, denn – man stelle sich vor: Die Frieda, mit der er zusammenlebte (ihre drei Kinder hat er sehr lieb), die bekam plötzlich Besuch.

Von ihrem Ehemann, der als "gefallen" gemeldet worden war.

Aber er lebt, ganz gelb im Gesicht, er ist zurück, kann ja niemand etwas dafür, und Emmerich ging fort.

Vielleicht kann er bei seinem jungen Assistenten Ferdinand Winter wohnen. Der hat etwas Adeliges. Verarmt halt. Die Villa von Winters Großmut-ter ist nahezu leer, alles verkauft, die unsympathische Schnösel-dame bildet sich aber immer noch ein, etwas Besseres zu sein und spendiert dem Polizisten ungern ein Marmeladebrot.

Keine Kombinege

So, Schluss damit.

Es wird Zeit für die Feststellung: "Der zweite Reiter" ist spannend. Es werden mehrere frühere Soldaten der 13. Kompanie der 11. Infanterietruppendivision, die bei Lemberg stationiert war, umgebracht, und man will unbedingt wissen, warum.

Die Erklärung fällt dann überkonstruiert aus, macht aber nichts – der Weg dorthin ist das Gute.

Nach Andreas Pittlers historischen Wien-Krimis mit dem jüdischen Polizeibeamten Bronstein (Tacheles, Ezzes, Chuzpe ...) sind Emmerich und Winter ein gutes Gespann, um in elende Zeiten zurückzuführen.

Alex Beer – Pseudonym der Bregenzerin Daniela Larcher – bemüht sich, damit wir ins Jahr 1919 kippen.

Das ist nicht einfach.

In den Apotheken gibt es zwar Heroin-Tabletten der Firma Bayer, damals Wundermittel bei Schmerzen und Bluthochdruck – in Schönbrunn verhungern die Löwen – der Schwarzmarkt hat unter dem Schwarzenbergplatz seine Lagerhallen ... aber, anders als Pittler (der als eine Art Stadtarchäologe schrieb) meidet Beer/Larcher die damalige Sprache. Man wird niemanden in einer Kombinege finden, und Peitscherlbuam sind keine da. Bei ihr sieht man, wie die Kulissen hergeschoben werden. Alles Theater, aber auch Theater ist gut.


Alex Beer:
„Der zweite Reiter“
Limes Verlag.
384 Seiten.
20,60 Euro.

KURIER-Wertung: ****

Kommentare