Er war ein großer Menschengestalter

Mit Helmuth Lohner ist einer der größten Publikumslieblinge des Wiener Theaterlebens gestorben.

Heute war ich unbegabt", sagte er manchmal, permanent unzufrieden mit sich selber. Zufriedenheit, was seinen Beruf betraf, kannte er überhaupt nicht.

Der Arbeitseuphoriker bewältigte Shakespeare ebenso wie das "Weiße Rössel". Daheim war er als Schauspieler in allen Genres: von Shakespeares abgründig-bösem Richard, dem zwiespältigen Dänenprinzen Hamlet, über den Titus Feuerfuchs in Nestroys "Talisman" bis hin zu Faust und Mephisto. Er hat die vielfältigen Facetten von Schnitzler-, Tschechow- und Horvath-Figuren transparent gemacht.

In der Nacht auf Dienstag ist Helmuth Lohner – ein Wiener Publikumsliebling par excellence – seiner schweren Krankheit erlegen. Er galt als Spezialist für schwierige Charakterrollen und tragikomische Helden und gastierte an allen bedeutenden deutschsprachigen Bühnen.

Ein Vielarbeiter

Viele Jahre gab es keine Festspiele in Salzburg ohne ihn, er war vier Jahre der Teufel, ein Jahr der Tod und fünf Jahre ein gefeierter Jedermann.

"Er passt in keine Schablone, ist unendlich wandlungsfähig und hat sich doch noch nie verleugnet", sagte der deutsche Regisseur Götz Friedrich Rosen, "ein phänomenaler Mann."

Der sympathisch bescheidene Schauspieler mit dem Aussehen eines verletzlichen Intellektuellen kam als Sohn eines Schlossers aus dem Arbeiterviertel Wien-Ottakring, wo die Kultur nicht zu Hause war, über die Literatur zum Theater, wollte eigentlich Musiker werden, um schließlich lakonisch festzustellen: "Aber dafür hat es nicht gereicht."

Der legendäre Fritz Kortner war ihm Lehrer, der ihm nach anstrengenden Proben einmal sagte: "Heute haben Sie wieder zweieinhalb Gesichtszüge. Eindreiviertel sind aus Ottakring."

Filmlustspiele

1955 stand er für Josef von Bakys "Hotel Adlon" erstmals vor der Kamera und war bald sehr begehrt bei der Besetzung von längst vergessenen Film-Lustspielen der eher seichten Art wie "Das Wirtshaus im Spessart", "Die schöne Lügnerin" – mit Romy Schneider – oder dem Heinz-Erhardt-Lachschlager "Witwer mit fünf Töchtern".

Dass seine Kinokarriere in den 50er-Jahren mit Werken der Filmkunst wie "Herrscher ohne Krone" und "Wie schön, daß es Dich gibt" begann, daran wollte er sich später nicht gern erinnern: "Aber bei jedem Dreh habe ich abends in irgendeinem Theater brav meinen Shakespeare gespielt. Ich wollte mir halt auch einen VW kaufen." Das war eben auch Lohners Qualität: Dass er die Grätsche schaffte zwischen "Dreimäderlhaus" und Shakespeare, zwischen "Blond muss sie sein auf Capri" und einem Nestroy, den er hintergründig, messerscharf und brillant in seiner Wortakrobatik anzulegen wusste – und nicht minder artistisch in seiner Körpersprache.

Unvergessen hat er uns die vertracktesten Nestroy-Figuren vorgestellt, ja, vorgelebt. Urkomisch und sehr menschlich. Und er fand zu umso größeren Menschengestaltungen, je unausstehlicher er eine Figur empfand.

Für den genauigkeitsfanatischen Feinmechaniker der Schauspielkunst waren Klarheit, Wahrheit und Präzision im Ausdruck die Mittel seiner fein ziselierten Charakterstudien.

Otto Schenk: "Fast wie eine Ehe"

"Helmuth hat mich als mein ewiger Begleiter mein ganzes Theaterleben lang getragen", sagte Otto Schenk, "in einer Partnerschaft, fast wie in einer Ehe oder Liebesbeziehung". 1997 bis 2003 und 2004 bis 2006 drückte Lohner als Direktor dem Theater in der Josefstadt seinen Stempel auf. Dieser Bühne war er von allen am meisten verbunden und erklärte: "Ich habe keine Grenzen in mir. Ich bin durch und durch Europäer. Ich möchte europäisches Theater machen, europäische Stücke."

Bei ihm gaben Regisseure wie Luc Bondy, Peter Stein und Dieter Giesing und Darsteller wie Gert Voss und Ignaz Kirchner ihr Hausdebüt. Als Operettenregisseur inszenierte Lohner u. a. in Mörbisch "Eine Nacht in Venedig" (1999), "Die Csardasfürstin" (2002) und "Die Fledermaus" (2012).

Im Dezember 2011 führte er seine langjährige Lebensgefährtin Elisabeth Gürtler zum Traualtar. Die Seitenblicke-Bussi-Bussi-Gesellschaft mied er nach Kräften, suchte viel lieber das Einsamkeits-Erlebnis weiter Wanderungen u.a. auf dem Jakobsweg, um die Welt, "dieses Staubkorn, auf dem wir leben", zu erkunden.

Bis zuletzt ein Bühnenmensch

2012 ließ er in der Josefstadt die altersstarrsinnige Titelfigur, einen betrügerischen ehemaligen Bankier, in Ibsens "John Gabriel Borkman" langsam in den Wahnsinn kippen und gab den Familientyrann James Tyrone in "Eines langen Tages Reise in die Nacht".

Im Vorjahr war Lohner, ebenfalls im Theater in der Josefstadt, in Heiner Müllers "Quartett" in seiner letzten Rolle zu sehen. Im Dezember hätte er den Anatol in Peter Turrinis Fassung geben sollen. Zuletzt inszenierte er Bob Larbeys "Schon wieder Sonntag" mit Otto Schenk und Harald Serafin an den Wiener Kammerspielen.

Die schrecklichsten fünf Minuten des Tages waren für ihn morgens vor dem Spiegel, beim Rasieren. Er sagte einmal: "Ich liebe mich nicht besonders. Das gilt auch für die Arbeit. Ich lass’ mir nicht einreden, dass es nicht etwas gibt, das man auch besser machen kann."

Der Zweifel war bei ihm eine Lebenseinstellung.

Tief betroffen reagierte am Dienstag Otto Schenk auf das Ableben seines Lebensfreundes und Bühnenpartners Helmuth Lohner. "Mein halbes Theaterleben ist weg. Ich habe keinen Partner, der auch nur so ähnlich ist", sagte der Schauspieler im Gespräch mit der APA. "Unser Zusammenleben war ein ständiges miteinander Theaterspielen. Ich kann das Loch gar nicht schildern, das er jetzt in mein Leben reißt."

Im Frühjahr hatte Schenk mit Lohner als Regisseur das Stück "Schon wieder Sonntag" geprobt und zur erfolgreichen Premiere gebracht. Lohners Krankheit sei "wie ein Damoklesschwert" über ihm geschwebt. "Er konnte aber vergnügt sein bis zum Schluss. Wir konnten miteinander lachen und blödeln. Es war fast die Sprache von Zwillingen, die wir miteinander geführt haben. Ich weiß gar nicht, wie man das Leben gestalten soll, wenn dauernd die Freunde von einem gehen", so Schenk, der hervorhob, dass Lohners Krankheit die Arbeit nicht beeinträchtigt habe: "Er wurde nicht müde, er hat nicht ein einziges Mal eine Stunde früher aufgehört." "Seine Behutsamkeit, sein Einfallsreichtum und seine Führungskraft" in der Probenarbeit seien beispielgebend gewesen.

Lohner habe eine zurückhaltende und nachdenkliche Seite gehabt, "aber er war überhaupt nicht zu orten, er war ein Mysterium. Er war ganz offen. Er war ein Mann aus dem Volk und konnte fabelhaft Aristokraten spielen. Er war ein Genie und ein Urtalent. Er hat so viele Geheimnisse in sich gehabt. Er war für manche ein Schüchterner und Gequälter, für andere ein Streiter, für die anderen ein Kämpfer und für wieder andere ein Verzichter und ein Streber - alles zugleich." Auch die Bezeichnung Charakterdarsteller sei letztlich eine Einschränkung, sagte Schenk: "Wenn man den Lohner bezeichnen will mit einem Fach und einem Talent, schränkt man ihn schon ein. Er war das alles - und noch viel mehr."

"Unersetzbarer Verlust für die Josefstadt"

Der Tod Helmuth Lohners bedeute "einen unersetzbaren Verlust für die Josefstadt, für das deutschsprachige Theater und großen Schmerz für alle, die ihn kennen und ihm nahestanden", hieß es heute in einer ersten Reaktion des Theaters in der Josefstadt.

"Helmuth Lohner war ein hinreißender Darsteller feinnerviger Charaktere, ein Sprachkünstler, dessen schauspielerische Präzision, Phantasie und Hingebungskraft bewundert wurde", wurde Direktor Herbert Föttinger in einer Aussendung zitiert. "Abseits der Bühne war er ein bescheidener Mensch von feiner Gesinnung, der auch als Direktor der Josefstadt für Toleranz, Mitmenschlichkeit und Güte stand."

Staatsoperndirektor Meyer "tieftraurig"

Auch die Wiener Staatsoper trauert um den Kammerschauspieler. "Ich bin tieftraurig über den Tod von Helmuth Lohner. Für mich war und bleibt er ein Eckstein des österreichischen Kulturlebens, ein umfassender Theatermensch", zeigte sich Staatsoperndirektor Dominique Meyer in einer Aussendung betroffen

Lohner habe "neben seinem Vermächtnis im Bereich des Sprechtheaters und des Films auch als Darsteller und Regisseur das Musiktheater geprägt und nicht zuletzt mit seiner unvergleichlichen Personifikation von Wiener Bühnentypen à la Frosch oder 'Ariadne'-Haushofmeister auch Staatsoperngeschichte geschrieben", so Meyer. Die Silvester-"Fledermaus" in seinem ersten Direktionsjahr sei für ihn unvergessen.

An der Staatsoper debütierte Lohner am Silvesterabend 1979 als Frosch in der Premiere von Otto Schenks Inszenierung von "Die Fledermaus". Bis zu seinem letzten Auftritt im Haus am Ring am 3. Jänner 2011 verkörperte er diese Rolle insgesamt 31 Mal. Mit seinen Auftritten als Haushofmeister in "Ariadne auf Naxos" und Freitag in "Un re in ascolto" (Erstaufführung an der Wiener Staatsoper 1984) war Lohner insgesamt an 45 Abenden an der Staatsoper zu erleben.

Lohner werde jedoch nicht nur als Künstler eine große Lücke hinterlassen, "wir werden ihn auch als Mensch sehr vermissen, als stets freundlichen, bescheidenen und tiefgründigen Gesprächspartner. Es ist schwer wahrzuhaben, dass er nicht mehr ist", so der Staatsopern-Direktor.

Salzburg würdigt "unvergessliche Ereignisse"

"Danke, lieber Helmuth Lohner, für die übermenschliche Anstrengung, die geradezu furiose Passion, mit der Du Deinem Beruf, Deiner Berufung seit Jahrzehnten gerecht zu werden versucht hast. Danke für die Art, wie Du mit allem, was Du warst und hattest, mit Deinem Hirn, Deinem Herzen und Deinem Körper unvergessliche Ereignisse geschaffen hast", wandte sich Salzburgs Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler in einer ersten Stellungnahme direkt an ihren verstorbenen Freund.

Lohner hatte seit seinem Salzburg-Debüt 1972 insgesamt 237 Auftritte bei den Festspielen absolviert. "Er feierte wahre Triumphe in Salzburg, wahrscheinlich gerade weil er nie triumphieren wollte. Das Publikum verehrte ihn, obwohl er sich verbat Publikumsliebling genannt zu werden. Und er war ein unschlagbarer Komödiant, obwohl er das Leben nie von der spaßigen Seite nahm", hieß es in einer Aussendung der Salzburger Festspiele. Seine Nestroy-Darstellungen hätten Festspielgeschichte geschrieben, besonders verdient habe er sich um den "Jedermann" gemacht. "Sein Vaterunser vor der Domfassade war zum Katholischwerden."

Dem entsprechend hat auch der Salzburger Erzbischof Franz Lackner Lohner gewürdigt. Hochachtung zollte er auch dem sozialen Engagement des Verstorbenen: "Sehr oft hat er seine Begabung in Benefizveranstaltungen eingesetzt."

Auch Mörbisch-Intendantin Dagmar Schellenberger zeigte sich bestürzt. Österreich verliere "eine seiner distinguiertesten Bühnen-Persönlichkeiten", hieß es in einer Aussendung. Helmuth Lohner war bei den Seefestspielen Mörbisch erstmals 1999 mit seiner Inszenierung von "Eine Nacht in Venedig" tätig. Es folgten Inszenierungen der "Csardasfürstin" (2002), der "Lustigen Witwe" (2005), von "My Fair Lady" (2009) sowie der "Fledermaus" (2012), in der er den Gefängniswärter "Frosch" verkörperte.

Der Tod von Helmuth Lohner hat in der Politik zahlreiche Reaktionen ausgelöst. Allen voran würdigte Bundespräsident Heinz Fischer den Verstorbenen. "Als hinreißender Schauspieler, als Regisseur, als Theaterdirektor und als Mensch der Kultur" habe er "viele Menschen begeistert und dem kulturellen Leben starke positive Impulse gegeben. Darüber hinaus war er ein besonders liebenswürdiger Mensch."

"Helmuth Lohner war mehr als ein großer Schauspieler. Er war ein feinsinniger Mensch und Künstler, der es aus bescheidenen Verhältnissen auf die größten Bühnen im deutschen Sprachraum geschafft hatte und dort gefeiert wurde", zeigt sich Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) bestürzt über Helmuth Lohners Tod. "Unvergessen ist er als 'Jedermann' bei den Salzburger Festspielen, in Erinnerung bleibt er aber auch durch seine Rollen bei zahlreichen Film- und Fernsehproduktionen und als Direktor des Theaters in der Josefstadt. Mit ihm ist ein ganz Großer des Theaters gegangen."

"Er war ein wandlungsfähiger, disziplinierter und hochsensibler Darsteller", reagierte Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ). "Mit Helmuth Lohner verlieren wir einen Menschen und Künstler, der die österreichische Theaterlandschaft geprägt hat wie kein anderer. Seine Darstellungskunst wie auch seine markante Stimme haben nicht nur das Wiener Theaterpublikum erfreut, unterhalten, begeistert und auch nachdenklich gestimmt, sondern auch in Leidenschaft versetzt. Seine Mitwirkung bei den Salzburger Festspielen und in der Josefstadt ist zur Theatergeschichte geworden. Nicht nur auf der Bühne, aber auch in zahlreichen Film-und Fernsehproduktionen repräsentierte Lohner das 'Österreichische' in seiner besten Form."

"Helmuth Lohners Tod ist ein unglaublicher Verlust für die gesamte Kulturwelt", zeigten sich Wiens Bürgermeister Michael Häupl und Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (beide SPÖ) tief betroffen und hoben seine "Intelligenz, Moral und einer schier endlosen Kreativität" hervor: "Das Theater war sein Leben, die Bühne in der Josefstadt ebenso sein zu Hause, wie Film und Fernsehen. Als engagierter Bürger mit Haltung hat er sich auch für die Zivilgesellschaft eingesetzt und sich für Weltoffenheit engagiert. Dem Theater in der Josefstadt blieb er stets treu, auch und gerade in schwierigen Zeiten. Helmuth Lohners große Wiener Theaterfamilie bleibt zurück in Trauer, aber auch in Dankbarkeit für das, was er ihr geschenkt hat."

"Diese Nachricht macht mich sehr sehr traurig", meinte ÖVP-Kultursprecherin Maria Fekter in einer Aussendung. "Helmuth Lohner war einer der ganz Großen - ein Volksschauspieler, ein Charakterdarsteller, ein Theatermensch wie es nur selten einen gibt. Wir verdanken ihm wunderbare Erlebnisse und Momente auf den bedeutenden Bühnen des Landes und auch im Fernsehen." Lohner repräsentiere eine ganze Epoche der österreichischen Theaterwelt und stehe für beispiellose Schauspielkultur. "Helmuth Lohner hat uns als Theatermann auf und hinter der Bühne zum Lachen und zum Weinen, zum Nachdenken und Verstehen gebracht. Er hat sein Talent sensibel eingesetzt und versucht, an andere weiterzugeben. Wer ihn auf der Bühne erleben durfte, wird das nicht vergessen."

"Mit Helmuth Lohner ist eine ganz große Persönlichkeit von uns gegangen", sagte SPÖ-Kultursprecherin Elisabeth Hakel. "Sein Tod ist ein großer Verlust für die österreichische Kultur." - "Mit Helmuth Lohner geht ein großer Künstler von uns, wie er nicht nachzubesetzen ist", meinte der freiheitliche Kultursprecher Walter Rosenkranz. "Helmuth Lohner hat als Schauspieler und Regisseur Generationen von Österreichern begeistert. Er war das personifizierte 'Theater in der Josefstadt'. Unvergesslich bleibt uns auch Lohners komisches Talent."

"Mit Helmuth Lohner verliert das österreichische Theater einen für das Land und seine Kultur geradezu stellvertretenden Darsteller", reagierte der Kultursprecher der Grünen, Wolfgang Zinggl. "Seine großartige Verwandlungskunst war besonders dann verblüffend, wenn er als gemütlicher und gutmütiger Mensch, der er zweifelsfrei war, mit großer Empathie und Genauigkeit gegenteilige Charaktere imitierte. Das machen ihm wenige nach." - Und Team Stronach Kultursprecherin Jessi Lintl: "Mit Helmuth Lohner hat die österreichische Theaterwelt einen ganz großen Künstler verloren. Ob am Burgtheater, in der Josefstadt oder in Salzburg - Lohner spielte sich in die Herzen der Menschen und wird in seinen großen Rollen unvergessen bleiben."

Auch der ORF trauert um Helmuth Lohner: Generaldirektor Alexander Wrabetz erklärte in einer Aussendung: "Mit Kammerschauspieler Helmuth Lohner verliert das Land einen seiner vielseitigsten Künstler und herausragendsten Menschendarsteller und die ORF-Familie - im 60. Jahr des Fernsehens in Österreich - einen Protagonisten legendärer TV-Sternstunden wie "Radetzkymarsch" oder "Pension Schöller". Lohner war und ist in seiner Rolle als einer DER Publikumslieblinge der Nachkriegszeit auch untrennbar mit der Geschichte der Zweiten Republik verbunden. Mit ihm endet nun ein Stück österreichischer Zeitgeschichte, deren elektronischer Bewahrung sich der ORF verschrieben hat. Helmuth Lohners künstlerisches Vermächtnis bleibt daher auch im ORF für immer erhalten. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie."

In Gedenken an Helmuth Lohner ändert der ORF sein Programm: Neben der aktuellen Kulturberichterstattung im Rahmen der aktuellen Informationssendungen würdigt das ORF-Fernsehen den vielseitigen Künstler mit einer Reihe weiterer Sendungen. So ist der ORF-III-Abend am Mittwoch, dem 24. Juni, ab 19.50 Uhr zur Gänze Helmuth Lohner gewidmet: Auf ein "Kultur Heute Spezial", in dem die Weggefährten Peter Weck, Otto Schenk und Harald Serafin zu Gast bei Ani Gülgün-Mayr an ihren langjährigen Freund erinnern, folgt das Porträt "Helmuth Lohner - Ein Suchender" (20.15 Uhr) von Michael Bukowsky, in dem der introvertierte Künstler Einblicke in seinen persönlichen Weg und seine Gedanken gewährt. Danach ist die Aufzeichnung "Lacherfolge" (20.50 Uhr) von den Festspielen Reichenau 2005 zu sehen, in der die Vollblutkomödianten Helmuth Lohner und Otto Schenk humorvolle Glanznummern darbieten, sowie weiters die Nestroy-Inszenierung "Der Zerrissene" (22.20 Uhr) von den Salzburger Festspielen 1984, in der Lohner ebenfalls an der Seite von Otto Schenk zu sehen ist, der dabei auch Regie führte.

ORF 2 würdigt Helmuth Lohner zudem im Rahmen des "Kulturmontag" am 29. Juni um 22.30 Uhr. Am Samstag, dem 27. Juni, zeigt ORF 2 ebenfalls das Filmporträt "Helmuth Lohner - Ein Suchender" (13.25 Uhr) sowie anschließend eine Kammerspiele-Aufzeichnung des Neil-Simon-Komödienklassikers "Sonny Boys" (13.55 Uhr) mit Helmuth Lohner und Otto Schenk aus dem Jahr 1999.

Die ORF-TVthek stellt alle ORF-Sendungen, für die entsprechende Lizenzrechte vorhanden sind, als Live-Stream und als Video-on-Demand bereit.

Wenn jemand stirbt, waren plötzlich so viele Menschen zeitlebens befreundet mit ihm. Zählten zum engsten Kreis. Und wussten immer schon, um welch ein Genie es sich gehandelt habe.

Ich war mit Helmut Lohner nicht befreundet. Und habe ihn auch nicht jede Woche getroffen. Wann immer ich ihn aber sehen und sprechen durfte, hatten wir eine wunderbare Konversation. Zumeist über die Oper, die er genauso liebte wie das Schauspiel (weil ja die wirklich guten Schauspieler immer auch musikalische Menschen sind). Er konnte lange über Inszenierungen erzählen (gleichermaßen schimpfen und leidenschaftlich loben). Über jene seiner Kollege und solche, die er selbst verantwortet hatte. Er konnte von Sängern schwärmen. Von Dirigenten. Vor allem von fabelhaften Werken. Und er war keiner, der überzeugt davon war, dass früher alles besser gewesen sei.

Helmuth Lohner war ein brillanter Kopf, ein analytischer Mensch – und ein sehr feiner, lieber, kultivierter.

Einmal sagte er: „Der Unterschied zwischen einem Theater und einem Irrenhaus besteht darin, dass im Irrenhaus der Direktor normal ist.“ Wenn das stimmt, hat Lohner ein Irrenhaus geleitet.

Wer das Glück hatte, Helmuth Lohner auf der Bühne oder im Film erleben zu dürfen, also in Ausübung seiner Hauptprofession (sofern es so etwas bei einem großen Künstler überhaupt gibt), sah einen der intensivsten Menschengestalter, einen Porträtisten, einen Maler, dessen Pinsel die Sprache war, dessen Farbe die Geste. Einen Vertreter der Alten Meister. Und dennoch war er nie museal, sondern stets vorwärts gewandt. Ihn auf eine beste Rolle einschränken zu wollen, wäre nicht zulässig. Lohner war ein Gesamtkünstler.

Seit langem wusste man, dass es gesundheitlich nicht gut um ihn stand, aber er verfolgte das Kulturgeschehen, ohne das er nicht leben konnte, bis zuletzt.

Jetzt muss die Kunst ohne ihn weiterleben, er wird schrecklich fehlen. Als Gestalter, als Beobachter, als Kommentator. Adieu.

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