Hedy Lamarr: Hollywood-Diva mit Sex-Appeal und technischer Brillanz
„Ich glaube, manchmal spiele ich im Leben mehr als auf der Leinwand“, sagte Hedwig Kiesler alias Hedy Lamarr (1914-2000) – ein echtes Wiener Kind aus Döbling.
Die Tochter eines Bankdirektors, später Filmstar mit Sex-Appeal und zugleich Erfinderin, gilt in den 1930er-Jahren als „schönste Frau der Welt“. Nach ihrem Ebenbild zeichnet Walt Disney sein Schneewittchen.
Die Schau „Lady Bluetooth. Hedy Lamarr“ (bis 10. Mai) im Jüdischen Museum Wien am Judenplatz beleuchtet das Leben einer Schauspielerin, die über Nacht weltberühmt wird durch die erste Nacktszene der Filmgeschichte in „Ekstase“ (1932). Die Zensur greift ein. Der Papst ist empört.
Ende der 20er-Jahre hatte sie Max Reinhardt für die Bühne entdeckt. Nach einer Schauspielausbildung in Berlin geht sie zurück nach Wien und spielt dort ihre erste größere Filmrolle in „Man braucht kein Geld“ (1931) an der Seite von Hans Moser und Heinz Rühmann.
Turbulentes Leben
Sie sieht sich selbst als „einfache komplizierte Person“, heiratet sechsmal, u. a. den Hirtenberger „Patronenkönig“ Fritz Mandl, über den sie sagt: „Er hatte nicht mich geheiratet, er hatte mich gesammelt, genau wie einen Geschäftserfolg.“
Viel zitiert ist ihr Satz: „Jedes Mädchen kann glamourös sein. Du musst nur still stehen und dumm dreinschauen.“
Ihr erfolgreichster Film ist Cecil DeMilles Bibel-Schinken „Samson und Delilah“ (1949), obwohl Groucho Marx lästert, ihr Partner Victor Mature habe „größere Titten“ als sie, die meist bloß schöne Dekoration ist für berühmte Herren: Clark Gable, Spencer Tracy, Robert Taylor oder Charles Boyer.
Und schnell vergessen ist der Beitrag der Sexbombe zur Technikgeschichte – ihre Idee, man könnte das Prinzip von Lochkarten, die etwa automatische Klaviere beim Spielen steuerten, auch auf ein geheimes Kommunikationssystem für Torpedos anwenden. Mit dem Komponisten George Antheil entwickelt sie in den 40er-Jahren das Frequenzsprungverfahren, u. a. die Basis für die Bluetooth-Technologie.
Ihr Patent findet jahrzehntelang wenig Beachtung. Dabei setzt es das US-Militär ein. Und mit der Digitalisierung stellt sich heraus: Lamarr war eine wichtige Vordenkerin für Verfahren wie WLAN oder Bluetooth.
Als ihr Ruhm verblasst, wird sie Filmproduzentin und geht pleite. Hotelbesitzerin bleibt sie nur bis zur nächsten Scheidung. Zweimal steht sie wegen Ladendiebstahls vor Gericht.
„Das große Glück blieb ihr versagt“, sagt ihr Sohn Anthony Loder. Sie hatte Angst, ihre Schönheit zu verlieren: Facelifts führten zu einem katastrophalen Ergebnis. Aber echt – wie oft behauptet – war auch nicht der Orgasmus in „Ekstase“: Da zeigt die Kamera ihr erregtes Gesicht, sie beißt sich in die Hand, dann hat die Zigarette ihren Auftritt. Den ekstatischen Ausdruck, so die Lamarr, hätte der Regisseur mit einem Nadelstich in ihr Gesäß erzeugt.
Im Filmarchiv findet von 12. 12. bis 7. 1. eine Hedy-Lamarr-Retrospektive statt.
Buchtipp: Michaela Lindinger „Hedy Lamarr. Filmgöttin – Antifaschistin – Erfinderin“, Molden Verlag, 28 €
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